Logosymbol Diversity ManagementStartseite Inhalt
Logosymbol Diversity Management
Diversity Management
Vielfalt im Unternehmen managen
zur Startseite
Symbol Broschüre Sexuelle Orientierungen

Sexuelle Orientierungen

Personen Sexuelle Orientierungen
  • Einleitung
  • Wussten Sie, dass ...?
  • Vorteile für Unternehmen
  • LGBTIQ – Was steckt hinter den Buchstaben?
  • Sexuelle Orientierung am Arbeitsplatz – (k)eine Privatsache!?
  • Verschiedene Lebensentwürfe respektieren
  • Sichtbarkeit und Wertschätzung als Inno­vationsmotor
  • Wirtschaftsfaktor Pink
  • Beispiele konkreter Maßnahmen
  • Quellenangaben

Einleitung

Die sexuelle Orientierung ist ein Teil der sexuellen Identität jedes Menschen und zählt zu den sogenannten Kerndimensionen von Diversität. Sie bezeichnet einerseits die emotionale und andererseits die sexuelle Anziehung zwischen Menschen des gleichen und/oder unterschiedlichen Geschle­chts. Die sexuelle Identität selbst umfasst die sexuelle Orientierung, das Begehren, die Sexualität und Geschlechter­identität.

Im Rahmen einer europaweiten Studiei gaben zehn Prozent der Befragten an, sich als etwas anderes als „ausschließlich hetero­sexuell“ zu bezeichnen. Gemessen an der gesamten österreichischen Bevölkerungszahl bedeutet das, dass sich hierzulande mehr als 880.000 Menschen beispielsweise als lesbisch, schwul oder bisexuell bezeichnen würden.

Im privaten wie im beruflichen Alltag wird eine heterosexuelle Orientierung der Mitmenschen als üblich angenommen. Heterosexualität und die binäre Geschlechterordnung (Mann und Frau) wird als eine gesellschaftliche Norm bzw. als Selbstverständlichkeit betrachtet und auch als Heteronormativität bezeichnet.

Lange galt in der österreichischen Unternehmenspraxis das Leitprinzip, dass die „sexuelle Orientierung“ der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deren „Privat­sache“ ist und daher auch kein relevantes betriebliches Handlungsfeld dar­stellte.ii Im Rahmen der Studie „Kulturelle Vielfalt in Unternehmen 2018“iii gab rund die Hälfte der befragten Unternehmen an, die Dimension „sexuelle Orientierungen“ für absolut nicht relevant zu halten. Nur fünf Prozent betrachteten die Diversitätsdimension als sehr relevant. Durch die zunehmende Verbreitung von Diversity Management erhält dieser Aspekt jedoch nach und nach ein größeres Maß an Aufmerksamkeit.

Besonders nicht-heterosexuelle Menschen halten ihre sexuelle Orientierung im Arbeitsumfeld vielfach geheim oder verstecken diese gar. Unternehmen, die auch die Dimension „sexuelle Orientierungen“ offen ansprechen und im Sinne eines ganzheitlichen Diversity Managements strategisch bear­beiten, profitieren mehrfach. Einerseits steigen Motivation und Engagement der betroffenen Beschäftigten, da sie Beachtung finden und in einer wertschätzenden Unternehmenskultur ihre Talente und Stärken einbringen können, ohne sich verleugnen zu müssen. Andererseits sind nicht-heterosexuelle Menschen auch wichtige Bezugspersonen und Peers für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie neue Kundinnen und Kunden, die selbst auch eine andere sexuelle Orientierung haben als der Mainstream.

Wussten Sie, dass ...?

48 Prozent der LGBT-Personen in Österreich bereits persönlich Diskriminierung oder Belästigung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung erfuhren?iv
sich mehr als 880.000 Menschen in Österreich (entspricht 10 Prozent der österreichischen Gesamtbevölkerung) als etwas anderes als „ausschließlich hetero­sexuell“ bzw. ganz konkret als „lesbisch, schwul oder bisexuell“ bezeichnen?v
schwule, lesbische oder bisexuelle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegenüber hetero­sexuellen eine mehr als dreimal so hohe Wahrscheinlichkeit auf­weisen, eine Schlechterbehandlung zu erfahren?vi
am 17. Mai 1990 Homosexualität offiziell aus dem Diagnoseschlüssel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestrichen wurde und erst seither nicht mehr als psychische Krankheit gesehen wird?vii
das seit Juli 2004 in Kraft getretene Gleich­behandlungs­gesetz jegliche Diskriminierung u.a. aufgrund der sexuellen Orient­ierung in Beschäftigung und Beruf in Österreich verbietet?
seit Jänner 2010 gleichgeschlechtliche Paare und seit Jänner 2019 auch ver­schieden­geschlecht­liche Paare in Österreich die „Eingetragene Partner­schaft“ eingehen können?
seit 1. Jänner 2019 auch gleichgeschlechtliche Paare in Österreich standesamtlich heiraten dürfen?
LGBT-Personen bis zu 20 Prozent ihrer Arbeitsleistung dafür auf­wenden, ihre sexuelle Orientierung zu verheimlichen?viii
sich 85 Prozent der schwulen und lesbischen Arbeit­nehmerinnen und Arbeit­nehmer gerne am Arbeitsplatz outen würden, sich aber nicht trauen?ix
die Arbeits­zufrie­denheit und Verbun­den­heit mit dem Unternehmen höher wird, je selbst­ver­ständlicher Beschäftigte am Arbeitsplatz mit ihrer sexuellen Identität umgehen können?x

Vorteile für Unternehmen

Während in vielen Unternehmen die sexuelle Orientierung noch immer als Privatsache gesehen wird, haben andere bereits das große Potenzial erkanntxi, das durch einen offenen und wertschätzenden Umgang mit nicht-heterosexuellen Menschen freigesetzt wird. Immerhin sind im Durchschnitt zehn Prozent der Kundinnen und Kunden, aber auch der Beschäftigten nicht heterosexuell. Der offene Umgang mit diesen Personen und die bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema sexuelle Identität am Arbeitsplatz bringen daher viele Vorteile für Unternehmen:

Steigerung von Motivation und Engagement

Emotionale Sicherheit ist eine wichtige Voraussetzung, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr volles Potenzial am Arbeitsplatz ausschöpfen können. Eine Studie hat ergeben, dass ein offenes Arbeitsklima und eine wertschätzende Unternehmenskultur sowohl die Kreativität als auch die Produktivität von LGBT-Personen um bis zu 20 Prozent steigern.xii Anstelle die eigene sexuelle Orientierung zu verheimlichen und eine Scheinwelt aufzubauen, bringen sie ihre wertvolle Energie dann u.a. vermehrt in ihre berufliche Tätigkeit ein.

Erweiterung des Talente-Pools

Die deutlichere Sichtbarkeit von LGBT-Personen in allen Lebensbereichen und die zunehmende Akzeptanz seitens ihrer Mitmenschen liegt auch in einer stetig wachsenden gesellschaftlichen Vielfalt begründet, in der LGBT-Veranstaltungen, Lesben- und Schwulen-Paraden, aber auch entsprechende Role Models in Film und Fernsehen ihren Platz haben. LGBT-Personen stellen mittlerweile einen integrierten Teil der Gesellschaft und damit auch einen wichtigen Teil von Belegschaften. Soll das gesamte Potenzial eines erweiterten Talente-Pools erschlossen werden, ist es für Unternehmen wichtig, sich offen und wertschätzend gegenüber der LGBT-Community zu präsentieren. Das eröffnet Betrieben zusätzliche engagierte Fach- & Führungskräfte.

Neue Kundinnen und Kunden

Offenheit und Toleranz als gelebte Werte sind zunehmend auch für die Bereiche Marketing, Kommunikation & Verkauf zu einem zentralen Faktor geworden. Eine moderne und vielfältige Positionierung des Unternehmens beeinflusst die Kaufentscheidung von LGBT-Personen maßgeblich.xiii Homosexuelle Paare stellen eine interessante Zielgruppe dar. Sie leben häufiger als Doppelverdiener ohne Kinder (DINKS – Double Income, No Kids) in Beziehung und haben ein überdurchschnittliches, aktives Freizeit­verhalten. Mit spezifischen Aktionen und ansprechenden Werbemaßnahmen, wie sie etwa im Bereich des „Gay Travelling“ bereits üblich sind, kann die Zielgruppe effektiv erreicht werden.

Wertschätzendes Betriebsklima

Unternehmen, die sich als weltoffene, liberale und moderne Arbeitgeber – auch im Hinblick auf LGBT-Themen – positionieren, profitieren von einem enormen Image­gewinn. Darüber hinaus führt die ehrliche und offene Auseinandersetzung auch zu einem von Wertschätzung geprägten Be­triebs­klima. Das führt schlussendlich zu weniger Konflikten und mehr Produktivität im Unternehmen.

LGBTIQ – Was steckt hinter den Buchstaben?

LGBT+ ist eine Abkürzung aus dem Englischen und steht für Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender – also für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender. Diese Zeichenfolge findet sich auch in abgewandelter Form als LGBTIQ (das I steht hier für Intersexual, und Q für Queer) bzw. im Deutschen als LSBTTIQ: Diese Buchstabenkombination steht für die Adjektive lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell, transgender, intersexuell und queer.

LGBT+ ist aktuell die meistverwendete Version dieser Akronyme, wobei je nach Bedarf und Anlass auch andere Zeichenfolgen verwendet werden können, bzw. einzelne Buchstaben kontextabhängig weggelassen oder hinzugefügt werden. Das Plus (+) am Ende wird gerne verwendet, um niemanden explizit auszuschließen.

Der Begriff „lesbisch“ wird für Frauen verwendet, die sich sexuell ausschließlich von Frauen angezogen fühlen, während der Begriff „schwul“ jene Männer bezeichnet, die sich sexuell ausschließlich von Männern angezogen fühlen. Bisexuell werden Menschen genannt, die sowohl Frauen als auch Männer anziehend finden. Unter dem Begriff „Homosexuelle“ werden sowohl schwule Männer als auch lesbische Frauen zu­sammen­gefasst.

Das „T“ bei LGBT bezieht sich auf Menschen, die sich als „transsexuell“ bezeichnen. Hierbei handelt sich allerdings nicht um eine sexuelle Orientierung, auch wenn dies in der Bezeichnung LGBT+ so erscheinen mag. Transsexualität bezeichnet die Lebenssituation einer Person, die sich mit dem ihr bei der Geburt aufgrund ihrer körperlichen Merkmale zugewiesenen Geschlecht nicht identifiziert, und die eine medizinische Behandlung anstrebt, um ihren Körper ihrem tatsächlichen Geschlecht anzugleichen. Entsprechend hielt dieser Begriff auch Einzug in den ICD 10 (das ist das internationale Register bekannter Erkrankungen, im Englisch International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) und ist (noch) die gültige medizinische Diagnose.

In jüngerer Zeit wurde alternativ der Begriff „Transidentität“ definiert, aus drei Gründen:

  1. Man wollte den Fokus weg vom Körper hin zur menschlichen Identität verschieben um klarzustellen, dass die Identität der bestimmende Faktor für das Geschlecht ist, und nicht der Körper.
  2. „Transsexualität“ gilt als pathologisierender Begriff, Transidentität wird jedoch nicht als Krankheit angesehen.
  3. Man wollte die Verwechslung mit der sexuellen Orientierung unterbinden.

Transidentität schließt zudem Menschen ein, die sich auch zwischen den beiden Kategorien „Frau“ und „Mann“ oder außerhalb wiederfinden.

„Transgender“ ist ein Überbegriff für alle Menschen, die herkömmliche Geschlechtergrenzen überschreiten.

Das „I“ bei LGBTIQ bezieht sich auf „Intersexuelle“ Menschen. Diese verfügen über weibliche und männliche Geschlechtsmerkmale und sind damit anatomisch gesehen weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen.

Als "queer" bezeichnen sich Menschen, die von der heterosexuellen und/oder zweigeschlechtlichen Norm abweichen und sich keinerlei Schublade einordnen wollen. Der Begriff ist fluid, um bewusst auf Abgrenzungen und Definitionen verzichten zu können.

Grafik The Genderbread Person

Abbildung 1 The Genderbread Person (www.genderbread.org) – ein Lerntool zum Verständnis des komplexen Feldes der Geschlechtsidentität und sexuellen Orien­tierung

Sexuelle Orientierung am Arbeitsplatz – (k)eine Privat­sache!?

LGBT-Personen haben oft das Gefühl, ihre sexuelle Identität und damit ein Stück weit sich selbst verleugnen zu müssen. Das kann rasch dazu führen, dass ganz normale Gespräche, etwa über das Wochenende, zum Spießrutenlauf für Betroffene werden. Homosexuelle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben zudem häufig die Sorge, gegenüber ihrer heterosexuellen Kollegenschaft eine Schlechterbehandlung zu erfahren.xiv

Infobox: Gleichbehandlungsrechte und Diskriminierungsverbote
In Österreich regelt seit 1979 das Gleichbehandlungsgesetz die Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Arbeitsleben in der Privatwirtschaft. Aufgrund der EU-Gesetzgebung wurde das Gesetz im Jahr 2004 um die Diskriminierungsgründe ethnische Zugehörig­keit, Religion oder Weltanschauung, Alter UND sexuelle Orientierung erweitert.

Damit sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller sexuellen Orientierungen wertgeschätzt fühlen und ihr Potenzial voll entfalten können, gibt es zahlreiche Handlungsoptionen für Unternehmen. Einer der wesentlichsten Aspekte ist eine klare Kommunikation und Haltung in Bezug auf das Thema. Um das entsprechend zu kommunizieren, ist es notwendig, dass Diskriminierung im Unternehmen auf keiner hierarchischen Stufe Platz findet und keinesfalls geduldet wird. Im Fall von Verstößen müssen Konsequenzen folgen.

Praxistipp: 0-Toleranz-Politik

Erstellen Sie für Ihr Unternehmen eigene Verhaltensregeln oder erweitern Sie Ihren bestehenden Code of Conduct in Bezug auf Diskriminierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Wichtig hierbei ist die Ausweitung auf alle sexuellen Orientierungen (am häufigsten sind ja heterosexuelle Menschen von sexueller Belästigung und Diskriminierung betroffen), eine 0-Toleranz-Politik und die Einführung von Instrumenten, die es ermöglichen, Diskriminierungsfälle (anonym) zu melden. Damit wird Ihr Engagement ernstgenommen und wertgeschätzt.

In der Realität sind offene Diskriminierungsfälle im Unternehmenskontext eher selten. Betroffene berichten in Befragungen jedoch von Schlechterbehandlungen in strukturellen Fragen sowie von einer Geringschätzung durch unsensible Kommunikation.xv

Praxistipp: Sensible Kommunikation und Berücksichtigung bei Sozialleistungen

Achten Sie bei Ihrer internen Kommunikation auf eine diskriminierungsfreie Wortwahl und berücksichtigen Sie in der Bildsprache eine ausgewogene Darstellung, ohne dabei Stereotype zu bedienen. Zum Beispiel ist es hilfreich, nicht nur von den Ehepartnerinnen und Ehepartnern zu sprechen und zu schreiben, sondern von den Partnerinnen bzw. Partnern im Allgemeinen.

Darüber hinaus bedeutet echte Gleichbehandlung, dass nicht-heterosexuelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Zugang zu allen Sozialleistungen erhalten. Dazu gehören etwa Karenz- oder Pflegeansprüche, Zuschüsse wie „Heirats- und Ver­partnerungs­zu­schüs­se“, Teilnahme an Firmen­ver­anstal­tungen, Feiern etc.

Verschiedene Lebensentwürfe respektieren

Der Umgang mit der eigenen sexuellen Orientierung kann für Beschäftigte in Unternehmen belastend sein. Noch immer wird der Begriff „schwul“ als Schimpfwort benutzt und ausschließlich auf den sexuellen Akt reduziert.

Dabei ist heterosexuellen Menschen ihre eigene sexuelle Orientierung oftmals gar nicht bewusst und der Ausdruck ihrer Identität wird als selbstverständlich erachtet. Dazu zählen Symbole wie z.B. ein Ehering oder Fotos der eigenen Kinder am Schreibtisch im Büro. Ebenso als „normal“ erachtet wird die Mitnahmen der Ehefrau oder des Ehemanns bei Firmenfeiern oder Geschäfts­essen.

Diversitätsmanagement im Zusammenhang mit der Dimension „sexueller Orient­ier­ungen“ zielt in erster Linie darauf ab, unterschiedliche Lebensentwürfe zu respek­tieren, Mitarbeitenden die Angst vor einem Outing zu nehmen und diese gegebenenfalls dabei zu unterstützen sowie offen gegen Diskriminierung aufzutreten.

Good Practice: Begleitung von Transgenderpersonen @ Takeda
Logo Takeda
Takeda begleitete zwei Transgenderpersonen im Unternehmen durch ihre Geschlechtsangleichung. Diese Personen haben sich im Sinne eines Neustarts entschieden, den Arbeitsbereich im Unternehmen zu wechseln, was ihnen ermöglicht wurde. Darüber hinaus wurde eine Transgenderperson im Unternehmen aufgenommen, die zum Zeitpunkt der Einstellung die behördliche Personenstandsänderung noch nicht abgeschlossen hatte. Dennoch wurde die Person bereits in ihrer neuen Identität im Unternehmen vorgestellt und integriert.

Sichtbarkeit und Wertschätzung als Innovations­motor

Netzwerke, ob online oder offline, sind wichtig für das persönliche und berufliche Vorankommen. Egal ob Trainee- oder Führungskräfte-Netzwerk, Fußball-Mannschaft oder Frauenförderungsprogramm: Nahezu jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter ist heute Teil eines Netzwerks. Dabei geht es um die Vernetzung und den Zusammenschluss bestimmter (sozialer) Gruppen in Unternehmen, abseits offizieller Strukturen und Hierarchien.

Diese Netzwerke spiegeln einerseits das Bild von Diversität eines Unternehmens nach außen und kommunizieren dies auch (=Imagewirkung), und sie verbinden andererseits die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Innen (=Emotionale Sicherheit, Motivation). Das Gefühl der Zusammengehörigkeit verbindet die Mitglieder dieser Netzwerke und fördert ein offenes Arbeitsklima und eine wertschätzende Unter­nehmens­kultur.

Good Practice: Mitarbeiternetzwerk LGBT+Friends @ BASF
Logo BASF

Das Mitarbeiternetzwerk LGBT+​Friends, welches im Unternehmen eingerichtet wurde, befasst sich mit den Themen und Anliegen der homosexuellen, bisexuellen und Transgender-Beschäftigten.

LGBT+Friends versteht sich dabei als Forum zum Netzwerken und für Erfahrungsaustausch. Es ist offen für alle interessierten Kolleginnen und Kollegen.

Die BASF ist mit ihrem Netzwerk „LGBT+​Friends“ aber keineswegs ein Exot. Viele große Unternehmen haben bereits firmeninterne LGBTIQ-Netzwerke mit Namen wie Glam (McKinsey), RBg (Bosch), Siemens PRIDE (Siemens), Pride@Airbus (Airbus), Glee (PwC), EAGLE (IBM), B-Equal (Shire), QBB (ÖBB), die vom Management bzw. der Unternehmensleitung aktiv unterstützt werden.

Praxistipp: Rahmenbedingungen für funktionierende Mit­arbei­ter­netzwerke

Ob es interne Mitarbeiternetzwerke im Unternehmen gibt und ob sie auch tatsächlich ihre Innovationskraft entfalten können, hängt unter anderem von der Haltung des Managements sowie der Führungskräfte ab. Es geht vor allem darum, entsprechende Strukturen und Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit sich Netzwerke professionell etablieren können.

6 wichtige Rahmenbe­dingun­gen:

1. Commitment des Managements
2. Zeitliche und budgetäre Ressourcen
3. Freiwilligkeit der Teilnahme
4. Selbstverantwortung innerhalb des Netzwerks
5. Vertraulichkeit in der Gruppe
6.Offenheit und Wertschätzung

Wirtschaftsfaktor Pink

Wie sich an der zahlreichen Beteiligung von Firmen an LBGT-Veranstaltungen ersehen lässt, haben viele österreichische Unternehmen aller Branchen bereits erkannt, dass in der gezielten Förderung von Vielfalt eine wesentliche Erfolgskomponente liegt. Es geht dabei aber nicht nur um Gleichberechtigung und Anti­dis­krimi­nierung, sondern vor allem um den ökonomischen Nutzen, also den Wirtschaftsfaktor LGBTIQ. Die Stadt Köln berichtet beispielsweise in ihrer 2019 veröffentlichten Studie, dass LGBTIQ-Personen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung etwas häufiger erwerbstätig sind, über ein überdurchschnittlich hohes Einkommen (43 Prozent über 2.000 Euro netto im Monat im Gegensatz zu 29 Prozent in der Gesamtbevölkerung) verfügen und damit ein überdurchschnittlich hohes Kaufkraftpotenzial darstellen.xvi

Infobox: Millennials kaufen lieber bei LGBT-freundlichen Unter­nehmen

Die Gleichberechtigung der LGBT-Community ist schon lange kein Nischenthema mehr und rückt zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit, insbesondere die gleichgeschlechtliche Ehe und die Diversität am Arbeitsplatz. Dies hat vor allem auch Auswirkungen auf die Kaufentscheidungen der Konsumentinnen und Konsumenten, primär bei den jüngeren Generationen.

Mehr als 45 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer unter 34 Jahren haben in einer Google-Verbraucherumfragexvii ange­geben, dass sie mit größerer Wahrscheinlichkeit wiederholt bei einem LGBT-freundlichen Unternehmen einkaufen würden.

Das gilt übrigens auch für potenzielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Der Großteil der Millennials hat kein Verständnis dafür, dass Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung nicht toleriert werden.xviii Dies ist auch ein Faktor für Ihre Arbeitgeberattraktivität.

Good Practice: Pride-Kampagne @ HP Austria
Logo HP

Um der LGBTQ-Community innerhalb, aber auch außerhalb des Unternehmens Wertschätzung und Anerkennung zu zollen, wurde im Juni 2019 HPs Pride-Kampagne ausgerollt und lief ein volles Monat in allen HP-Standorten weltweit. Die Kampagne setzte sich aus Präsentationen, aus Videos & Postern, aus vielfältigem Informationsmaterial und einer Kommunikationsstrategie zusammen, um die Thematik für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit sichtbar zu machen.

In den letzten Jahrzehnten hat sich eine „Pink Economy“ etabliert in der sich LGBT-Personen untereinander vernetzen und Geschäfte betreiben. So richten sich etwa lesbische und schwule Unternehmer mit ihren Waren und Dienstleistungen gezielt an andere Lesben und Schwule und füllen damit eigene LGBT-Branchenbücher mit nahezu allen Berufsgruppen: von A wie Anwältin bis Z wie Zimmerer. Darüber hinaus fordert die LGBT-Community aktiv spezifische Waren und Dienstleistungen vom Markt ein.

Eigene Interessens- und Expertengruppen, etwa die International Gay and Lesbian Chamber of Commerce (IGLCC) und die International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA) auf globaler Ebene oder etwa die Austrian Gay Professionals oder die Queer Business Women in Österreich, haben sich in den vergangenen 40 Jahren etabliert.

Praxistipp: LGBT-Marketing & Pride-Werbung

Sprechen Sie mit der Kommunikationsabteilung oder mit Ihrem firmeninternen LGBT-Netzwerk darüber, welche Möglichkeiten es gibt, sich in der Zielgruppe zu positionieren und entwickeln Sie ein zielgruppenspezifisches Marke­ting-Konzept.

Nutzen Sie die vielfältigen Kanäle wie Magazine, Branchenbücher, Webseiten und spezifische LGBT-Events wie die Regenbogenparade, unterstützen Sie Großveranstaltungen im Zeichen der Vielfalt wie z.B. den Diversityball oder positionieren Sie sich im Rahmen der österreichischen Tage der Diversität oder beim b2b DIVÖRSITY Kongress.

Aber Achtung: Marketing bedeutet mehr, als nur die richtige Kundin bzw. den richtigen Kunden im idealen Moment mit der passenden Werbebotschaft zu erreichen. Daten von Google und YouTube belegenxix, dass Botschaften zum Thema Diversität und Gleichberechtigung für die LGBT-Community in Bezug auf Arbeitgeberattraktivität und Kaufentscheidungen äußerst wirkungsvoll sind.

Bei Pride-Werbung geht es aber nicht nur um die Anerkennung und Unterstützung der LGBT-Community. Sie bietet Unternehmen die Möglichkeit, Stellung zu einem Thema zu beziehen. Ist das wertschätzend, wird dies von Kundinnen und Kunden geschätzt und positiv aufgenommen.

Im Bereich des zielgruppenspezifischen Marketings ist in den letzten Jahren auch in Österreich die Nachfrage seitens der LGBTIQ-Community gestiegen. Das Wirtschaftspotenzial ist durch Studien mehrfach belegt und steigt stetig. So haben in den vergangenen Jahren große Events wie zum Beispiel der Diversityball, der Lifeball oder die Regenbogenparade große und namhafte Sponsoren gewinnen können, die um die Aufmerksamkeit der LGBT-Community sowie mit ihren Werbebotschaften um neue Kundinnen und Kunden buhlen.

Aber nicht nur etablierte Unternehmen haben die Chance, diese zunehmend sichtbar werdende Zielgruppe zu gewinnen. Unternehmen aller Branchen haben die Möglichkeit, mit spezifischen Produkten oder Dienstleistungen sowie einer entsprechenden Positionierung, die auf die Zielgruppe abgestimmt ist, zu punkten.

Beispiele konkreter Maßnahmen: Diversity Management und sexuelle Orientierungen

  • Gleichbehandlung beim Zugang zu Sozialleistungen, unabhängig von der sexuellen Orientierung (z.B. Zuschuss bei Eheschließung / Verpartnerung, Inanspruchnahme von Pflegefreistellung etc.)
  • Policy und Schulungen für diskriminierungsarmes Recruiting, Beförderungswesen etc.
  • Vermeiden von Heteronormativität in der Sprachwahl (etwa bei Einladungen) sowie Berücksichtigung in der Bildsprache
  • Unterstützung von LGBT-Netzwerken und Regenbogengruppen
  • Sensibilisierung der Beschäftigten und Führungskräfte

Quellenangaben

i
Vgl. Deveaux, F. / Dalia Research: Counting the LGBT population: 6% of Europeans identify as LGBT, 2016 (https://daliaresearch.com/counting-the-lgbt-population-6-of-europeans-identify-as-lgbt/)
ii
Vgl. Köllen, T.: Privatsache und unerheblich für Unternehmen? Der Stand der Personalforschung zur „sexuellen Orientierung“, 2012 (http://epub.wu.ac.at/3537/1/ZfP_2_12_Koellen.pdf)
iii
Vgl. brainworker: Studie Kulturelle Vielfalt in Unternehmen: 2018 (http://www.kulturellevielfalt2018.at/)
iv
Vgl. Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA): LGBT-Erhebung in der EU. Erhebung unter Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen in der Europäischen Union: 2013 (https://fra.europa.eu/sites/default/files/eu-lgbt-survey-results-at-a-glance_de.pdf)
v
Eigene Hochrechnung aufgrund der Studie Deveaux, F. / Dalia Research: Counting the LGBT population: 6% of Europeans identify as LGBT, 2016 (https://daliaresearch.com/counting-the-lgbt-population-6-of-europeans-identify-as-lgbt/)
vi
Vgl. Schönherr, D., Zandonella, M.: Arbeitssituation von LSBTI-Personen in Österreich. SORA im Auftrag der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, 2018 (https://www.arbeiterkammer.at/infopool/akportal/Studie_Arbeitssituation_von_LSBTI-Personen_in_O_sterreich.pdf)
vii
Vgl. WHO: IDC 11 (International Classification of Diseases (https://www.who.int/classifications/icd/en/)
viii
Vgl. Schönherr, D., Zandonella, M.: Arbeitssituation von LSBTI-Personen in Österreich. SORA im Auftrag der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, 2018
ix
Vgl. Schönherr, D., Zandonella, M.: Arbeitssituation von LSBTI-Personen in Österreich. SORA im Auftrag der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, 2018
x
Vgl. Frohn, D., Meinhold, F., Schmidt, C.: Out im Office?! Sexuelle Identität und Geschlechtsidentität, (Anti-)Diskriminierung und Diversity am Arbeitsplatz, 2017 (https://www.diversity-institut.info/downloads/IDA_Out-im-Office_Web_180811.pdf)
xi
Vgl. Köllen, T.: Privatsache und unerheblich für Unternehmen? Der Stand der Personalforschung zur „sexuellen Orientierung“, 2012 (http://epub.wu.ac.at/3537/1/ZfP_2_12_Koellen.pdf)
xii
Vgl. Schönherr, D., Zandonella, M.: Arbeitssituation von LSBTI-Personen in Österreich. SORA im Auftrag der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, 2018
xiii
Vgl. Frohn, D., Meinhold, F., Schmidt, C.: Out im Office?! Sexuelle Identität und Geschlechtsidentität, (Anti-)Diskriminierung und Diversity am Arbeitsplatz, 2017 (https://www.diversity-institut.info/downloads/IDA_Out-im-Office_Web_180811.pdf)
xiv
Vgl. Schönherr, D., Zandonella, M.: Arbeitssituation von LSBTI-Personen in Österreich. SORA im Auftrag der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, 2018
xv
Vgl. Schönherr, D., Zandonella, M.: Arbeitssituation von LSBTI-Personen in Österreich. SORA im Auftrag der Kammer für Arbeiterund Angestellte für Wien, 2018
xvi
Vgl. Stadt Köln, Amt für Integration und Vielfalt: LSBTIQ als Wirtschaftsfaktor für Köln (https://www.stadt-koeln.de/mediaasset/content/pdf16/pdf161/studie_lsbtiq_als_wirtschaftsfaktor_f%C3%BCr_k%C3%B6ln_2019.pdf)
xvii
xviii
Vgl. ILGA EUROPE: Rainbow Europe (https://www.ilga-europe.org/rainboweurope)

zum Seitenanfang