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Herkunft und ethnische Zuge­hörig­keit

Personen Herkunft und ethnische Zugehörigkeit
  • Einleitung
  • Wussten Sie, dass ...?
  • Vorteile für Unternehmen
  • Vielfältiges Österreich
  • Migrant/in vs. Ausländer/in – Eine Frage der Definition
  • Kultur und Kulturebenen
  • Interkulturelle Kompetenz
  • Interkulturelles Management und Führung internationaler Teams
  • Internationales Personalrecruiting
  • Personalauswahl ohne Vorurteile
  • Interkulturelle Mitarbeiter- netzwerke
  • Erschließung neuer Kundinnen und Kunden
  • Beispiele konkreter Maßnahmen
  • Quellenangaben

Einleitung

Durch Migrationsbewegungen hat sich Österreich in den vergangenen Jahrzehnten demografisch verändert. Vor allem in den urbanen Ballungszentren ist die Vielfalt in sozialer, kultureller und ethnischer Hinsicht stark gestiegen.

Krisen unserer Nachbarländer, die „Gast­arbeiter­politik“, Österreichs EU-Beitritt, Grenz- sowie Arbeitsmarktöffnungen und die großen Flüchtlingsbewegungen der letzten Jahre führten zu verstärkten Zu­wander­ungsströmen.

Lebten in Österreich im Jahr 2008 rund 17,4 Prozent Menschen mit Migrations­hinter­grund, waren es im Jahr 2018 mit 2,02i Millionen Menschen bereits knapp 23 Prozent – das sind mehr als ein Fünftel der Gesamtbevölkerung.

Dabei steht außer Frage, dass Migration für Österreich eine demografische Notwendigkeit darstellt. Auch haben zahlreiche Unternehmen erkannt, dass der gezielte Einsatz von Menschen mit internationaler Herkunft und unterschiedlichen kulturellen Hintergründen Vorteile bringen kann. Der professionelle Umgang mit kultureller Vielfalt von Beschäftigten, sowie der wertschätzende Zugang zu Kundinnen und Kunden unterschiedlicher Herkunft ist in einer zunehmend globalisierten Wirtschaftswelt ein entscheidender Erfolgsfaktor geworden, will man die entsprechenden Kundenpotenziale nutzen.

Auch in Bezug auf den voranschreitenden Fachkräftemangel wird die Notwendigkeit qualifizierter Zuwanderung sichtbar. Ohne Migration von Arbeitskräften aus Drittstaaten würde laut Eurostatii die Erwerbsbevölkerung in der EU aufgrund der demografischen Entwicklung bis 2050 um 77 Millionen Erwerbstätige schrumpfen. Während das Fehlen von Küchen- und Servicepersonal in der Gastronomie bereits länger im öffentlichen Diskurs steht, spüren zunehmend auch weitere Branchen die Auswirkungen des Fach­kräfte­mangels.

Die Sprach- und Kulturkenntnisse von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern können einerseits ein entscheidender Wettbewerbsvorteil im sogenannten „War for Talents“ um die besten Talente und internationale Fachkräfte sein und andererseits sind sie der Schlüssel zu neuen Märkten im In- und Ausland, wenn es beispielsweise darum geht, neue Kundengruppen ansprechen zu wollen.

Im Rahmen von Diversity Management kommt der Dimension „Herkunft und ethnische Zugehörigkeit“ daher eine wichtige und immer stärkere Bedeutung zu.

Wussten Sie, dass ...?

rund 2,02 Millionen Menschen mit Migra­tionshintergrundiii (entspricht 23 Prozent der Gesamtbevölkerung) in Österreich leben?
Bürgerinnen und Bürger aus Deutsch­land mit rund 187.000 Menschen die mit Abstand größte Migrantengruppe in Österreich darstellen?
wir Menschen mit weißer Hautfarbe viel weniger oft als Migrantinnen und Migranten bezeichnen, als Menschen mit anderer Hautfarbe?
alle Menschen mit Migrationshintergrund in Österreich zusammen eine Kaufkraft von mehr als 20 Milliarden Euro aufweisen?iv
die Herkunft und Nationalität nichts über die kulturelle Prägung oder Religion aussagt?
die Zahl der Asylanträge massiv gesunken ist und von Anfang 2019 bis Ende Juni d.J. rund 5.799 Asylanträgev gestellt wurden?
Uni-Absolventinnen und Absolventen aus Drittstaaten, die in Österreich studiert haben, im Land bleiben dürfen, wenn sie ein adäquates Jobangebot mit einer Bezahlung von 45 Prozent der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage (mind. 1.890 Euro brutto) erhalten?
Personen, die über die Rot-Weiß-Rot-Karte nach Österreich zuwandern, vor der Einreise keine Deutsch­kenntnisse nachweisen müssen? Sie unter­liegen nicht der Pflicht „Deutsch vor Zuzug“.
der Fachkräftemangel für 87 Prozent der öster­reichischen Betriebe spürbar ist und 75 Prozent der Betriebe bereits unter starkem Fachkräftemangel leiden?vi

Vorteile für Unternehmen

Migration und Integration gewinnen im unternehmerischen Kontext an Be­deu­tung, weil sich Kundenmärkte ebenso wie die Struktur der Belegschaft verändern. Aufgrund der fortschreitenden Globalisierung und der daraus resultierenden Pluralisierung wird die kulturelle Heterogenität unserer Gesellschaft, wie auch Kontakte zwischen Menschen verschiedener kultureller Werte und Normen, stark zunehmen. Um dem zu begegnen, wird interkulturelle Kompetenz als eine der wichtigsten Schlüsselkompetenzenvii unseres Jahrhunderts bezeichnet. Der professionelle und wertschätzende Umgang mit kultureller Vielfalt ist daher unumgänglich und birgt nicht zuletzt durch Mehrsprachigkeit und interkulturelle Kompetenzen ein großes Potenzial für Unternehmen in Österreich.

Zugang zu Fachkräften

Die österreichische Unternehmenslandschaft sucht dringend nach Fachkräften. Aktuell besteht in vielen Branchen bereits jetzt ein ernstzunehmender Fachkräftemangel, der stetig steigt. Dieser wird aufgrund des demografischen Wandels vor allem in Bezug auf den konstanten Alterungsprozess unserer Gesellschaft noch zusätzlich verstärkt werden. Um den Kampf um die besten Talente („War for Talents“) für sich zu entscheiden, ist es wichtig, dass Unternehmen interkulturelle Kompetenzen entwickeln und gezielt am globalen Markt zu ihrem Vorteil nutzen.

Leistungssteigerung durch gemischte Teams

Aus zahlreichen Studienviii geht hervor, dass kulturell gemischte Teams deutlich an Leistungsfähigkeit, Resilienz und Kreativität gewinnen. Sie bringen enorme Innovationskraft und Produktivität mit und steigern so die Wettbewerbsfähigkeit des Unter­nehmens. Je unterschiedlicher die Ansätze und Denkweisen innerhalb eines Teams sind, desto erfolgreicher sind die Ergeb­nisse. Teammitglieder können so am besten voneinander lernen und sich gegenseitig neue Perspektiven eröffnen. Mit kulturell vielfältig zusammengesetzten Teams entsteht zudem ein Vorteil bei Kundinnen und Kunden.

Globale Märkte suchen globale Player

In einer globalisierten Welt reichen bloße Englischkenntnisse längst nicht mehr aus. Geschäftspartnerinnen und Geschäfts­partner, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie auch Kundinnen und Kunden sind nicht mehr nur in Österreich, sondern auf dem gesamten Globus verstreut. Eine internationale Belegschaft mit vielfältigen Sprachkompetenzen und Kultur-Know-how ist in dieser Umgebung unerlässlich und für die Erschließung neuer Märkte von großem Wert. Dies öffnet Türen zu anderen Kulturen und macht das Unternehmen zu einem attraktiven Player am Weltmarkt.

Interkulturelle Kompetenz und besseres Image

Unternehmen, die sich kulturell öffnen, sich als weltoffene und moderne Unternehmen positionieren, profitieren von einem enormen Imagegewinnix. Darüber hinaus führt die Auseinandersetzung mit kultureller Vielfalt zur Steigerung der interkulturellen Kompetenzen im Unternehmen und damit zum Abbau von Vorurteilen und schlussendlich zu weniger Missverständnissen und kulturbedingten Konfliktenx.

Vielfältiges Österreich

Aktuell leben in Österreich rund 2,02 Millionen Menschen mit sogenanntem Migrations­hintergrundxi (knapp 23 Prozent der Gesamtbevölkerung), wobei der Anteil regional stark unterschiedlich ist. Die Bundeshauptstadt Wien hat mit einem Anteil von 35 Prozentxii im Ausland Geborener den höchsten Wert in ganz Österreich. Hier ist auch der Anteil an Schülerinnen und Schülern mit nicht-deutscher Muttersprache mit 51 Prozentxiii am höchsten, gefolgt von Vorarlberg mit 26 Prozentxiii.

Während in den 1970er- und 1980er-Jahren die meisten Migrantinnen und Migranten aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei kamen, wurde Österreich zu Beginn des neuen Jahrtausends vor allem durch die Zuwanderung aus Ländern innerhalb der EU geprägt.

Mehr als die Hälfte aller Personen, die nach Österreich zuwandern, kommen aus der Europäischen Union. Durch die innereuropäische Personenfreizügigkeit können Bürgerinnen und Bürger aus der EU ihren Wohn- und Arbeitsort innerhalb der Union frei wählen, ohne dafür eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zu benötigen. Dies führt zu einem stetigen Anstieg an EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern in Österreich.

Betrachtet man den Zuzug der vergangenen Jahre, führen Menschen aus Deutschland, Rumänien und Ungarn die Statistik an. Die EU-Binnenmigration macht mit 9,3 Prozent (2018) den größten Anteil aus. Zugewanderte aus den Nachfolgestaaten Jugoslawiens (Serbien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien und Montenegro) bilden die zweitgrößte Gruppe. Ihr Anteil entspricht rund 6,1 Prozent. Die drittgrößte Gruppe stellen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund dar. Ihr Anteil lag 2018 bei drei Prozent und hat sich in den letzten zehn Jahren geringfügig verringert.

Grafik Zuzüge und Wegzüge Österreich 2017

Abbildung 1 Quelle: STATISTIK AUSTRIA, Wanderungsstatistik, 2018

Zuletzt war die sogenannte „Flüchtlings­krise“ das zentrale Thema in Bezug auf Migration. Knapp 60 Millionen Menschen waren 2015 weltweit auf der Flucht und rund eine Million Flüchtlinge kamen nach Europa. In Österreich wurden im Jahr 2015 88.340 Asylanträge gestellt. Seit diesem Höchststand während der Flüchtlingskrise ist die Zahl bereits in den darauffolgenden Jahren stetig zurückgegangen.

Im Jahr 2019 wurden in Österreich bis Ende Juni rund 5.800 Asylanträge gestellt.

Grafik Entwicklung der Asylanträge seit 1956

Abbildung 2 Fonds Soziales Wien: Flücht­linge, Asyl und Grundversorgung, Juni 2019

Flüchtlingsbewegungen der Vergangenheit

Seit 1999 wurden in Österreich über 400.000 Asylanträge eingereicht. Im Jahr 2015, dem Jahr der sogenannten „Flüchtlingskrise“, waren es 88.340 Asylanträge.

Österreich hat Erfahrung als Aufnahme­land. Zwischen 1999 und 2014, also noch vor der Flüchtlings­krise, wurden bereits 329.651 Asylanträge ein­ge­bracht. Hohe Antragszahlen gab es beispielsweise in den Jahren 2001 bis 2005, mit einem Hoch im Jahr 2002 mit 39.354 Anträgen und zwischen 2006 und 2013.

Nur in den Jahren 1968 und Mitte der 1950er-Jahre flüchteten mehr Menschen als 2015 nach Österreich: So kamen in den Jahren 1956/1957 rund 180.000 Flüchtlinge aus Ungarn nach Österreich, nachdem die Sowjetunion den ungarischen Volksaufstand niedergeschlagen hatte.

1968 versorgte Österreich etwa 162.000 Flüchtlinge aus der damaligen Tschechoslowakei, nachdem die Truppen des Warschauer Pakts dort einmarschiert waren.xiv

Migrant/in vs. Ausländer/in – Eine Frage der Definition

Begriffe wie „Ausländer/in“ oder „Mi­grant/in“ sind sehr unspezifisch. Migrantinnen und Migranten müssen nicht (mehr) zwangsläufig aus dem Ausland kommen. Die Erhebung der Herkunft ist komplex. Je nachdem, ob bei der Erhebung auf den Geburtsort, die Nationalität oder aber Migration der Person selbst oder deren Eltern abgestellt wird, ergeben sich gänzlich andere Daten. Während der Geburtsort und die Staatsangehörigkeit jeweils einheitlich verwendet werden, gibt es in Bezug auf den sogenannten Migrationshintergrund durchaus unterschiedliche Herangehensweisen. Eine geläufige Definition kommt von der Statistik Austria. Sie beruft sich auf die Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) und zählt zu Menschen mit Migrationshintergrund alle jene Per­sonen, deren beide Elternteile im Ausland geboren wurden, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Darüber hinaus erfolgt bei der Statistik Austria eine weitere Unterteilung in die erste und zweite Generation von Migrantinnen und Migranten: Personen der ersten Generation wurden selbst im Ausland geboren und sind danach nach Österreich zugewandert. Der zweiten Generation werden Personen zugeordnet, deren Eltern beide im Ausland geboren wurden, sie selbst aber bereits in Österreich geboren wurden.  Weiters verwendet die UNECE noch die Klassifizierung des „Mixed Background“. Es muss dazu angemerkt werden, dass es nicht sinnvoll ist, das Merkmal Religionsbekenntnis oder Muttersprache/​​Herkunfts­sprache/​​Erstsprache als Ausgangspunkt für betriebsinterne Statistiken heranzuziehen, da diese Faktoren keine Hinweise auf eine aktive bzw. passive Migrationserfahrung – also eine eigene Migrationsgeschichte – geben.
Good Practice: Kooperation mit lobby.16 bei Magenta Telekom
Logo Magenta

Seit 2010 ist Magenta Telekom ein starker Partner von lobby.16 bei der Ausbildung geflüchteter Jugendlicher. Im Rahmen eines eigenen Programms zur Vorbereitung auf die Lehrjahre werden die betreuten Jugendlichen intensiv in Deutsch, Englisch, Mathematik und EDV qualifiziert sowie in zusätzlichen ausbildungsbezogenen Kursen auf die Lehre vorbereitet. Mit diesem Programm ermöglicht Magenta Telekom den Jugendlichen eine Lehre als Ein­zel­­handels­kauffrau/​-mann mit Schwer­punkt Tele­kommunikation. Eine Begleitung während der Ausbildungszeit sichert den Erfolg des Programms. Über 30 Lehrlinge, knapp zehn Prozent der angebotenen Lehrstellen, haben seit Beginn der Zusammenarbeit mit lobby.16 diese Chance zur beruflichen Integration bekommen.

Kultur und Kulturebenen

Kultur ist einerseits Ausdruck menschlicher Schöpfungskraft, die sich in Kunst, Musik, Literatur und Architektur zeigt, und andererseits wird Kultur als „mentale Program­mierung“xv verstanden. Diese mentale Pro­grammierung, wird ab der frühen Kindheit erworben und manifestiert sich in persönlichen Einstellungen, Werten, Normen und Verhaltensweisen. Kultur und die individuellen Wertesysteme sind überwiegend unbewusst. Erst beim Zusammentreffen unterschiedlicher Kulturen – und damit bei der Konfrontation mit „frem­den“ Werten und Verhaltensweisen – wird die eigene Programmierung bewusst. Um die Komplexität von Kultur zu vereinfach und die Wirkungsweisen zu visualisieren, sind in der Literatur diverse Kulturebenen-Modelle zu finden. Eines der bedeutendsten ist das Konzept der Kultur-Ebenen nach Scheinxvi, welches häufig in der Symbolik eines Eisbergs visualisiert wird. In dem Modell werden die Wirkung und Beobachtung von Kultur anhand von den drei Ebenen „Arte­fakte“, „Werte & Normen“ sowie „Grund­annahmen“ dargestellt.
Praxistipp: Die Kulturkarte als Hilfsmittel

Um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer Arbeit zu unterstützen, gibt es zahlreiche Methoden und Hilfsmittel. Ein sehr effektives Tool ist die „Kulturkarte“ (Culture Map). Dieses Tool setzt sich aus acht Dimensionen zusammen und stellt die kulturellen Unterschiede im Verhalten von internationalen Managern dar. Die visuelle Darstellung macht einen Vergleich zwischen den Führungskräften aus unterschiedlichen Nationen möglich und hilft dabei, kultur­spezifische Verhaltens­muster zu entschlüsseln und richtig zu deuten.

Das Ergebnis zeigt sich in den Unter­scheidungs­dimensionen Kommuni­ka­tion, Be­wertung, Über­zeugung, Führ­ung, Ent­scheidung, Ver­trauen, Meinung und Planung. Für internationale Führungs­kräfte, aber auch für Mitarbeiter­innen und Mitarbei­ter in interkulturellen Teams, lassen sich diese Informationen gut nutzen, um kulturspezifische Unterschiede zu er­kennen, zu deuten und entsprechend darauf zu reagieren.
Grafik Kulturkarte

Abbildung 3 Erin Mayer: The Culture Map, 2018

Link: http://www.erinmeyer.com/tools/
Good Practice: Sprachlernbörse @ ÖBB
Logo ÖBB

Im ÖBB Konzern arbeiten über 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus mehr als 70 Herkunftsländern. Um diese kulturelle und sprachliche Vielfalt zu nutzen und um kulturelle Themen anzusprechen, werden Veranstaltungen wie „Insight Africa“ in regelmäßigen Abständen organisiert oder auch Workshops zum Thema Interkulturelle Kompetenz angeboten. Darüber hinaus bietet die Sprachlernbörse die Möglichkeit voneinander zu lernen und sich interkulturell zu vernetzen. Kolleginnen und Kollegen mit verschiedenen persönlichen und kulturellen Hintergründen können einen Sprachaustausch (Tandem) selbstständig organisieren und sich im Sprachlernprozess unter­stützen.

Interkulturelle Kompetenz

Kommunikation zwischen Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen gehört längst zum privaten und beruflichen Alltag. Für eine erfolgreiche und konfliktfreie Kommunikation ist interkulturelle Kompetenz – eine der wichtigsten Schlüsselkompetenzenxvii unseres Jahrhunderts – gefragt. Unter interkultureller Kompetenz versteht man die Fähigkeit, mit Menschen, die über andere kulturelle Hintergründe verfügen, angemessen umzugehen und zusammen­zu­arbeiten.xviii Grundlage für die Entwicklung von interkultureller Kompetenz sind emotionale Kompetenzen und die interkulturelle Sensibilität, die es Menschen erlaubt, die Wahrnehmung des Denkens, Fühlens und Handelns einer Person aus einer fremden Kultur zu berücksichtigen. Interkulturell kompetente Personen können auch innerhalb fremder Kulturen kommunikativ selbstsicher auftreten und sind in der Lage, die Verhaltensweisen ihres Gegenübers nachzuvollziehen und angemessen darauf zu reagieren.
Praxistipp: Interkulturelle Kompetenzen erlernen
Meist reicht es nicht mehr aus, gute Fach- und Englischkenntnisse zu haben. Abseits der sprachlichen Fähigkeiten geht es darum, Kommunikationsbarrieren und kulturelle Vorbehalte zu überwinden und an einem gemeinsamen Ziel auszurichten. Für internationale Unternehmenserfolge ist die interkulturelle Kompetenz der Belegschaft eine wichtige Schlüsselqualifikation und unterstützt unter anderem bei der Anwerbung von ausländischen Fachkräften oder auch im Zusammenspiel zwischen Kolleginnen und Kollegen und Kundinnen und Kunden aus anderen Kulturkreisen.Zum Aufbau von interkulturellen Kompetenzen innerhalb Ihrer Organisation sind „Interkulturelle Trainings“ – sogenannte „Awareness Trainings“ – für ausgewählte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein geeignetes Instrument. Eine Auswahl qualifizierter Anbieter solcher Trainings finden Sie unter anderem hier: https://www.hrweb.at/branchen-ueberblicke/interkulturelle-kompetenz-trainings/
Ein Modell zur Erlernung bzw. Entwicklung von interkultureller Kompetenz ist die vierdimensionale Lernspirale nach Darla Deardorff. Darin sind vier miteinander verbundene Lernkomponenten enthalten, die zur Verbesserung der interkulturellen Kompetenz führen. Grafik Lernspirale

Abbildung 4 Lernspirale nach Dr. Darla K. Deardorff, 2006

Die Basis für den Kompetenzaufbau ist das Erlernen von angemessenen Verhaltensweisen in interkulturellen Situationen. Dabei ist es wichtig, persönlich für die Vielfalt von Kulturen offen zu sein, sich länderkundliches Wissen anzueignen und dieses in Abgleich mit dem eigenen kulturellen Verständnis zu bringen. Dadurch wird im Idealfall Empathie für das Empfinden und Handeln des Gegenübers entwickelt, was Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Lage versetzen würde, sich besser an kommunikative Spielregeln anzupassen. Interkulturelle Kompetenz ist ein fortwährender Lernprozess und dadurch niemals wirklich abgeschlossen. Alle Elemente der Lernspirale (siehe Abbildung 4) wirken wechselseitig aufeinander ein und werden durch mehrmaliges Durchlaufen der einzelnen Ebenen verstärkt.
Good Practice: Weltblick @ Internorm
Logo Internorm

Im „Weltblick-Magazin“ von Internorm spiegelt sich wider, was es heißt, ein internationales Unternehmen zu sein: Mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus beinahe zwei Dutzend Nationen ergibt sich ein breites Spektrum an Kulturen. Im Magazin kommen in der Rubrik „Cultural Talk“ Beschäftigte zu Wort und berichten über ihr jeweiliges Heimatland, ihre Kultur und darüber, wie heimisch sie sich in Österreich fühlen. Um die farbenfrohe Vielfalt der Kulturen bei Internorm noch deutlicher zu machen, sind im „Weitblick“ auch Rezepte verschiedener Nationalgerichte abgedruckt.

Interkulturelles Management und Führung internationaler Teams

Die Anforderungen an das Management sowie an Führungskräfte sind in den letzten Jahren massiv gestiegen: Durch die zunehmende Internationalisierung von Unternehmen und all ihre Unternehmens­aktivitäten sowie die fortschreitende Digitalisierung und die damit einhergehenden technischen Möglichkeiten entstehen über den Globus verteilt immer mehr interkulturelle Teams, die es zu managen bzw. zu führen gilt.

Laut Studien sind heterogene, d.h. aus mehreren Nationalitäten zusammengesetzte Teams bei kompetenter Führung um ein Vielfaches kreativer, innovativer, deutlich zufriedener und finanziell erfolgreicher als kulturell homogene. Interkulturelle Teams arbeiten aber nicht automatisch besser, sondern brauchen eine Führung, die ihren Bedürfnissen angepasst ist. Kulturell homogene Teams, deren Mitglieder sich fachlich und persönlich ähnlich sind, sind oft schneller im Starten von Projekten und es kommt seltener zu Konflikten in der Zusammenarbeit. Heterogene Teams brauchen hingegen meist eine längere Projekt-Anlaufphase und es kann auch vorkommen, dass die Kommunikation innerhalb des Teams nicht auf Anhieb funktioniert.

Die Vorteile kulturell heterogener Teams können nur bei richtiger Führung zum Tragen kommen. Viele international agierende Unternehmen bieten ihren Führungskräften deshalb spezielle Trainings zur Erweiterung ihrer interkulturellen Kompetenzen an. Wesentliche Bestandteile eines Trainings zu „Intercultural Leadership“ bzw. „Inter­kulturelle Führung“ sind neben entsprechendem Fachwissen auch konkrete Werkzeuge, Methoden, Tools und Handlungsempfehlungen zur effizienten Führung von gemischten Teams.

Praxistipp: „kulturfit“-Coaching für Führungskräfte

Durch die Vielzahl ihrer Aufgaben haben Führungskräfte oft nicht ausreichend Gelegenheit, das Handeln ihrer Teammitglieder sowie das eigene Handeln in Bezug auf die kulturelle Vielfalt des Teams zu reflektieren. Zusätzlich zu Intercultural Leadership-Trainings ist es daher ratsam, Führungskräfte auch „on the job“ zu unterstützen. Beispielsweise könnte dies im laufenden Arbeitsprozess angesichts von konkreten ethnisch und kulturell-religiös bedingten Problemstellungen durch Coachings erfolgen.

Good Practice: MTOP – MORE THAN ONE PERSPECTIVE
Logo More Than One Perspective

MTOP ist ein junges Sozial­unter­nehmen. Es bringt geflüchtete Menschen mit guter Ausbildung und passende Unternehmen am österreichischen Arbeitsmarkt zusammen. Im Rahmen dieser „Win-win-Situation“ werden vielfältige Möglichkeiten von Integration aufgezeigt und Führungskräfte im Umgang mit Diversität geschult. Im Rahmen von erlebnisorientierten Entwicklungsprogrammen für Unternehmen haben Führungskräfte die Möglichkeit neue kulturelle Perspektiven einzunehmen und die Führung interkultureller Teams zu erlernen.

Internationales Personalrecruiting

Internationales Recruiting wird – nicht zuletzt aufgrund des Bedarfs an qualifizierten Fachkräften – immer wichtiger. Zum einen erkennen Unternehmen immer öfter die Vorteile einer internationalen Belegschaft, zum anderen sind potenzielle Bewerberinnen und Bewerber zunehmend bereit, im Ausland eine Stelle anzutreten. Im Rahmen einer repräsentativen Studie von Bitkom Research im Auftrag der Social Media-Plattform LinkedIn wurden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Personalabteilungen befragt, wie sie dem Fach- und Führungskräftemangel begegnen: Drei Viertel der Befragten aus mittelständischen Betrieben haben sich in den vergangenen Monaten damit beschäftigt, Personal im Ausland zu rekrutieren, und 42 Prozent der Großunternehmen planen, kurzfristig ausländische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein­zu­stellen.xix Während Bewerberinnen und Bewerber zunehmend mobiler werden, sind einige Personalverantwortliche noch zögerlich. Dies liegt unter anderem an fehlenden Recruiting-Kanälen, der mangelnden Vergleichbarkeit von Anforderungsprofilen, landesspezifischen Aspekten des Arbeitsrechts und auch an der korrekten Darstellung und Vergleichbarkeit der Compensation & Benefit Packages.
Praxistipp: Interaktive Kompetenzen-Karte in Europa
Durch die zunehmende Technologisierung von Recruiting-Prozessen und die generell wachsende Digitalisierung können Auswahlprozesse im internationalen Recruiting einfacher und kostengünstiger umgesetzt werden. Auch kleine und junge Unternehmen sind dadurch in der Lage, mit Hilfe von Social Media-Kanälen die passenden Kandidatinnen und Kandidaten zu finden. Wer international nach passendem Personal sucht, muss dabei strukturiert vorgehen, die Personalsuche gut planen und auf die Besonderheiten der jeweiligen Kultur Rücksicht nehmen, auf diese reagieren und bestehende Personalprozesse darauf anpassen. In welchem europäischen Land welche fachlichen Kompetenzen am ehesten zu finden sind, zeigt eine interaktive Karte des Berufsnetzwerks LinkedIn: Durch das Klicken auf die jeweiligen Länder sieht man, in welchen EU-Staaten Unternehmen die größten Chancen haben, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit bestimmten Qualifikationen zu finden. Link: http://linkedin-fertigkeiten.ingeniumdesign.de/

Chancengleichheit ermöglichen

Trotz der Gleichbehandlungsgesetzgebung in Österreich, die sämtliche Arbeits­be­dingungen, einschließlich Stellenausschreibungen und die Einstellung, Fort- und Weiterbildung, Beförderung, Kündigung, Entlohnung etc. von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umfasst, kommt es immer wieder zu Ungleichbehandlungen von Personen oder ganzen Be­völkerungs­gruppen, ungeachtet ihrer Produktivität. Im Rahmen einer Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) wurde 2013 das Correspondence Testingxx-Experiment zur Untersuchung von Jobchancen von Menschen mit Migrationshintergrund durchgeführt. Bei diesem Experiment wurden Bewerbungen von fiktiven Bewerberinnen und Bewerben, die identische Qualifikationen, aber unterschiedliche Namen aufwiesen („österreichische“ versus „ausländische“), ausgesandt. Die Ergebnisse belegen die deutliche Diskriminierung der Kandidatinnen und Kandidaten aufgrund ihrer Herkunft am österreichischen Arbeitsmarkt. Im Zuge dessen wurde auch festgestellt, dass es innerhalb der „ausländischen Gruppen“ einzelne gibt, die anderen gegenüber favorisiert werden. Vor allem sichtbare Zeichen der ethnischen Zugehörigkeit, wie z.B. die Hautfarbe, haben starken Einfluss.
Praxistipp: Anonyme Bewerbungen
Anonyme Bewerbungen sind im englischsprachigen Raum, vor allem in den USA, längst Standard. Dabei werden alle persönlichen und für den Arbeitsplatz irrelevanten Angaben entfernt. Das Bewerbungsfoto und persönliche Daten wie Alter, Geschlecht und Herkunft werden bewusst ausgelassen, um Diskriminierung im Auswahlverfahren zu verhindern und zu gewährleisten, dass tatsächlich die geeignetsten Bewerberinnen und Bewerber den Job bekommen.
Vorteile von anonymen Bewerbungen:
  • Chancengleichheit – alle Bewerberinnen und Bewerber starten mit denselben Voraussetzungen und müssen ausschließlich durch ihre Qualifikationen überzeugen.
  • Vergleichbarkeit – die Kandidatinnen und Kandidaten können besser miteinander verglichen werden.
  • Vielfalt – es können neue Bewerbergruppen erkannt werden, was zu einer Steigerung der Vielfalt innerhalb des Unternehmens führt.
  • Employer Branding – die aktive Förderung der Chancengleichheit kann sich positiv auf die Arbeitgebermarke auswirken.
In Österreich geben Unternehmen nur vereinzelt die Möglichkeit, sich anonym zu bewerben.
Good Practice: Anonyme Bewerbungen @ Wiener Staatsoper
Logo Wiener Staatsoper

Die Wiener Staatsoper lässt seit den 1950er-Jahren Bewerberinnen und Bewerber hinter einem Vorhang spielen, um Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit zu verbergen. Alle Kandidatinnen und Kandidaten starten mit denselben Voraussetzungen und müssen die Jury, welche sie nur nach Gehör bewertet, ausschließlich durch ihre Qualifikationen überzeugen. Durch diese einfache Maßnahme werden Bevorzugungen oder Benachteiligungen wegen des Geschlechts oder der Herkunft vermieden.

Personalauswahl ohne Vorurteile

Zahlreiche Unternehmen nutzen bereits die Chance auf einen größeren Pool an Kompetenzen und Talenten durch die Ausweitung der Recruiting-Zielgruppen. Dieses Vorgehen bringt eine breitere Vielfalt innerhalb der Mitarbeiterstruktur, internationale Talentbeschaffung und die Stärkung bereits bestehender Kompetenzen im eigenen Unternehmen mit sich.

Gerade in Bezug auf den fortschreitenden Mangel an gut ausgebildeten Fach- und Führungskräften ist es für den Erfolg eines Unternehmens wichtig, Menschen mit großem Entwicklungspotenzial – abseits von (unbewussten) Vorurteilen – zu erkennen, zu erfassen und entwickeln sowie dauerhaft an sich zu binden. Immer mehr Unternehmen fokussieren dabei auf die Anwerbung internationaler Talente oder auf die zielgerichtete Ausbildung heimischer Arbeitskräfte – wie z.B. Menschen mit Migrationshintergrund, welche bislang noch zu wenig Beachtung in Recruiting-Strategien gefunden hatten.

Infobox: Unbewusste Vorurteile – Unconscious Bias

Unconscious Bias sind verhaltenswirksame Tendenzen in der Beurteilung von Menschen und Situationen, die auf unbewusste Wahrnehmungs- und Lernmechanismen zurückgehen. Über 170 unterschiedliche Wahrnehmungsverzerrungen („Biases“) sind wissenschaftlich bereits erforscht.

Besonders bei Personalentscheidungen können Vorannahmen mitunter dazu führen, dass Menschen aus demselben oder einem ähnlichen Kulturkreis bevorzugt werden, und umgekehrt Menschen, mit stark abweichenden Merkmalen, etwa einer anderen Hautfarbe, benachteiligt werden, ohne dass es dafür einen objektiven oder subjektiv bewusst wahrgenommenen Grund gibt.

Ein Beispiel hierfür ist folgendes:

58 Prozent der CEOs der Forbes-Top-500-Betriebe sind über 1,83 m groß. Aber nur 14,5 Prozent aller US-amerikanischen Männer weisen diese Größe auf. Nur sechs Prozent der CEOs der Forbes-Top-500-Unternehmen sind Frauen. Nur ein Prozent der CEOs des Forbes-Rankings hat eine dunkle Hautfarbe, darunter keine einzige Frau.xxi

Zufall? Wohl eher nicht, sondern vermutlich ein Ergebnis unbewusster Vorannahmen über die Kompetenzen und Leistungsfähigkeit von Menschen unterschiedlicher ethnischer Zugehörig­keit.

Damit Entscheidungen im Bewerbungsprozess möglichst objektiv getroffen werden, müssen neben personellen vor allem auch strukturelle Faktoren berücksichtigt werden.

Da Vorurteile zumeist im Verborgenen wirksam sind, ist es ratsam, sich darum zu bemühen, sie ins Bewusstsein zu heben und sich damit auseinanderzusetzen. Denn es ist wichtig, die ihnen zugrunde liegenden Mechanismen zu erkennen, um den eigenen Vorurteilen regelmäßig bewusst begegnen zu können, diese zu akzeptieren oder Ansichten gegebenenfalls zu verändern. Nur so kann sich Chancengleichheit nach und nach entwickeln.

Praxistipps: Vorurteile in der Personalauswahl vermeiden

Um unbewussten Vorurteilen im HR-Prozess entgegenzuwirken, gibt es zahlreiche Maßnahmen und je nach Unternehmen unterschiedliche Zu­gän­ge. Dabei gilt es aber stets die folgenden vier Grundsätze zu beachten:

1. Identifikation

Analysieren Sie alle Schritte Ihres HR-Prozesses, vor allem jene, in denen Entscheidungen getroffen werden und dabei Diskriminierung ungewollt passieren kann.

2. Standardisierung

Gestalten Sie die identifizierten Prozessschritte nach formalen Kriterien und Richtlinien, damit diese vergleichbar werden.

3. Betrachtung

Nehmen Sie sich Zeit für eine intensive Nachdenk-Phase und binden Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen ein, indem Sie sich z.B. Rat holen oder Ihre Entscheidung mit ihnen besprechen.

4. Sichtbarkeit

Ist Ihre Entscheidung getroffen, dürfen Sie auch dazu stehen. Machen Sie Ihre Entscheidung sichtbar und nachvollziehbar für Ihr Team.

Good Practice: Betriebliche Sozialberatung @ SIMACEK
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Vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus unterschiedlichsten Kulturkreisen fallen Entscheidungen im Alltag besonders schwer: z.B. eine passende Kinderaufsicht zu finden, Amtsbesuche zu erledigen, die Pflege von Angehörigen zu organisieren etc. Daher hat SIMACEK 2015 die betriebliche Sozialberatung in Zusammenarbeit mit der Caritas Wien entwickelt und als integrierten Lösungsansatz im eigenen Diversitätsmanagement etabliert. Pro Jahr werden etwa 300 bis 400 Beratungsstunden durch die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter der Caritas in Anspruch genommen. Außerdem gibt es bei SIMACEK kostenfreie Deutschkurse am Arbeitsplatz und eine eigens für die Belegschaft entwickelte Sprachen-App in 18 verschiedenen Sprachen.

Interkulturelle Mitarbeiternetzwerke

Im Diversity Management gelten Mitarbeiternetzwerke seit vielen Jahren als Erfolgs­faktor. Bekannt sind vor allem Frauen­netz­werke, die Mitarbeiterinnen helfen sollen, sich untereinander zu vernetzen und beruflich besser voranzukommen. Zunehmend schließen sich aber auch andere Gruppen zusammen und so gibt es z.B. Generationennetzwerke oder Netzwerke für Menschen bestimmter Herkunft.

In Mitarbeiternetzwerken schließen sich Personen mit gleichen Interessen, Fähigkeiten oder Anliegen zusammen und entwickeln neue Ideen oder initiieren und realisieren Projekte im Sinne des Unternehmens. Dadurch etablieren sich ungezwungene Plattformen zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aus den verschiedensten Bereichen kommen und unterschiedlichste sozio-kulturelle Hintergründe haben.

Da diese Netzwerke in den meisten Fällen von Personen mit Migrationsgeschichte ins Leben gerufen werden, existiert innerhalb der Gemeinschaft u.a. eine große Expertise über die Bedürfnisse und Lebensweise von jeder dort vertretenen sozialen Gruppe. Das Netzwerk als strategischer Partner des Personalbereichs trägt damit unter Umständen dazu bei, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem Unterschiede und die vielfältigen Lebensansätze der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begrüßt und geschätzt werden. Gut organisierte Netzwerke engagieren sich für die Anliegen unterrepräsentierter Gruppen und verbinden Menschen über Abteilungen hinweg, bieten die Möglichkeit, voneinander zu lernen, und entwickeln neue Lösungen.

Stattet man diese Netzwerke mit perso­nellen, räumlichen, zeitlichen und/oder finanziellen Ressourcen aus, ergeben sich für Unternehmen einige Vorteile: Durch die aktive Unterstützung des interkulturellen Austausches zwischen den Beschäftigten entsteht durch die Sichtbarkeit der individuellen kulturellen Identitäten ein Gefühl der Wertschätzung untereinander und für­einander. Dies führt zu höherem Engagement und Loyalität. Darüber hinaus gewinnen Unternehmen wertvolle und motivierte Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in allen Geschäftsfeldern – vom Recruiting bis zur Produktentwicklung.

Good Practice: Employee Resource Groups @ Microsoft
Logo Microsoft

Microsoft glaubt an die Perspektivenvielfalt und den Erfolg, den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund ihrer unterschiedlichen Erfahrungen ins Unternehmen einbringen. Um die Vielfalt und Inklusion zu fördern, unterstützt Microsoft daher eine umfangreiche Community von acht globalen Employee Resource Groups (ERG) und 40 weiteren Mitarbeiternetzwerken.

Diese einzigartigen Gruppen bieten Karriereentwicklungs- und Networking-Möglichkeiten sowie Aktivitäten, die das Engagement der Community und das Bewusstsein zu kulturellen Identitäten fördern. So gibt es globale Gruppen, die speziell auf die ethnische Herkunft – wie z.B. Personen mit schwarzer Hautfarbe (Blacks@​Microsoft), Asiaten (Asien ERG) oder Latinos (HOLA) – fokussieren. Darüber hinaus gibt es noch weitere Gruppen für Eltern, aktuelle und ehemalige Militärangehörige, Menschen mit Behinderung, Frauen und die LGBTIQ+ Community.

Erschließung neuer Kundinnen und Kunden

In Österreich leben aktuell mehr als zwei Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Das heißt, dass jede fünfte Person in Österreich ursprünglich aus einem anderen Kulturkreis kommt bzw. eine andere kulturelle Prägung erfahren hat. Die Bedürfnisse von Kundengruppen können generell stark variieren, umso mehr ist davon auszugehen, dass zugewanderte Menschen unter Umständen sogar größeren Bedarf an individuellen Produkten oder einer spezifischen Ansprache haben, welcher nicht jenem der Mehrheitskultur entspricht.

Ein Ansatz zur Erschließung dieser Kundengruppen ist Ethnomarketing. Mit dem Begriff ist im weitesten Sinne ein zielgruppenspezifisches bzw. ein kulturspezifisches Marketing für Zielgruppen unterschiedlicher ethnischer Herkunft gemeint. Enger gefasst kann Ethnomarketing auch als ethnische Marktsegmentierung gesehen werden.

Menschen mit Migrationshintergrund werden dabei bewusst in den Mittelpunkt unternehmerischer Aktivitäten gestellt. Dabei geht es darum, kulturelle Besonderheiten und Bedürfnisse zu (er-)kennen und diese in der Kommunikation gezielt einzusetzen. Im Gegensatz zur Mehrheitsbevölkerung muss daher beim Ethnomarketing darauf geachtet werden, dass kulturelle (Religion, Werte, Normen, Einstellungen etc.) und nationale Besonderheiten sowie Lebensweisen berücksichtigt werden und integraler Bestandteil der Marketing-Strategie sind.

Beispiele konkreter Maßnahmen: Diversity Management und Herkunft/​ethnische Zugehörigkeit

  • Interkultureller Kalender / interkulturelles Wiki
  • Interkulturelle Trainings und Schulungen für Beschäftigte und Führungskräfte
  • Policy und Schulungen für diskriminierungsarmes Recruiting, Beförderungswesen etc.
  • Sprachförderung in der Landessprache oder häufig gebrauchten Fremdsprachen
  • Gezieltes Community Marketing (bei der Personal- und Kundengewinnung)
  • Anpassung der Verpflegung (Betriebsküche) an kulturelle Eigenheiten
  • Expat-Unterstützung und Incoming Service
  • „Culture-Talks“ – gezielte Austauschplattformen für Beschäftigte unterschiedlicher Herkunft
  • Berücksichtigung interkultureller Aspekte in der internen und externen Kommunikation, etwa in der Bildsprache
  • Förderung von Mehrsprachigkeit im Unternehmen

Quellenangaben

iv
Vgl. Regio Data Research, 2010
v
Vgl. Bundesministerium für Inneres, Niederlassungs- und Aufenthaltsstatistik Juni 2019 (https://www.bmi.gv.at/301/Statistiken/)
vi
Vgl. Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw): Fachkräfteradar 2018 (https://www.ibw.at/bibliothek/id/475/)
vii
Vgl. Bertelsmann Stiftung / Fondazione Cariplo: Interkulturelle Kompetenz – Die Schlüsselkompetenz im 21. Jahrhundert?, 2008 (https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Presse/imported/downloads/xcms_bst_dms_30236_30237_2.pdf)
viii
Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW): Beschäftigung von Zuwanderinnen und Zuwanderern und kulturelle Vielfalt in nordrhein-westfälischen Unternehmen – Eine Befragung auf Basis des IW-Personalpanels, 2013 (https://www.iwkoeln.de/presse/pressemitteilungen/beitrag/diversity-management-kreativ-durch-vielfalt-198678.html)
ix
Vgl. Köppel, P., Yan, J., Lüdicke, J.: Cultural Diversity Management in Deutschland hinkt hinterher, 2007 (https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Presse/imported/downloads/xcms_bst_dms_23804_23805_2.pdf)
x
Vgl. Mattl, C.: InterKULTURelle Konflikte. In perspektive mediation 2005/4 (http://www.vielfalt-mediation.at/Mattl_Seiten_pm4_05_kern.pdf)
xii
Vgl. Stadt Wien, MA 17: Wiener Integrations- & Diversitätsmonitor, 2017 (https://www.wien.gv.at/menschen/integration/pdf/monitor-2016.pdf)
xiv
Vgl. Österreichischer Integrationsfonds, Aktuelles zu Migration und Integration, Factsheet 19, 2015 (https://www.integrationsfonds.at/fileadmin/content/AT/Downloads/Publikationen/Fact_Sheet_19_Flucht_und_Asyl.pdf)
xv
Hofstede, Geert: Lokales Denken, globales Handeln. Kulturen, Zusammenarbeit und Management. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1997
xvi
Schein, Edgar H.: Unternehmenskultur. Ein Handbuch für Führungskräfte. Frankfurt / New York: Campus Verlag, 1995
xvii
Vgl. Bertelsmann Stiftung / Fondazione Cariplo,: Interkulturelle Kompetenz – Die Schlüsselkompetenz im 21. Jahrhundert?, 2008 (https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Presse/imported/downloads/xcms_bst_dms_30236_30237_2.pdf)
xviii
Vgl. Bertelsmann Stiftung: Interkulturelle Kompetenz – Schlüsselkompetenz im 21. Jahrhundert? Thesenpapier der Bertelsmann Stiftung auf Basis der Interkulturellen-Kompetenz-Modelle von Dr. Darla K. Deardorff, 2006 (https://www.jugendpolitikineuropa.de/downloads/4-20-2300/bertelsmann_intkomp.pdf)
xix
Vgl. Bitkom Research im Auftrag von LinkedIn, Migration von Fach- und Führungskräften, 2016 (https://business.linkedin.com/de-de/talent-solutions/c/16/5/wie-deutsche-unternehmen-dem-fach-und-fuhrungskrafte)
xx
Hofer, H., Titelbach, G., Weichselbaumer, D., Winter-Ebmer, R.: Diskriminierung von MigrantInnen am österreichischen Arbeitsmarkt, 2013 (https://www.sozialministerium.at/cms/site/attachments/7/3/0/CH3434/CMS1459843399534/10_diskriminierung_migrantinnen_arbeitsmarkt1.pdf)
xxi
Vgl. Gladwell, M.: Blink! Die Macht des Moments, 2005

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