In Zeiten des Fachkräftemangels, einer älter werdenden Belegschaft und verstärkter Globalisierung und Digitalisierung ist es für Unternehmen wichtiger denn je, das vorhandene Potenzial der Beschäftigten optimal zu nutzen. Ein sorgsamer Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird mehr und mehr zum Muss. Gezieltes Diversity Management ist ein Weg, um den genannten Herausforderungen zu begegnen.
Immer mehr Unternehmen betreiben mittlerweile aktives Diversity Management und alle Befragungen der jüngsten Zeit zeigen die Wichtigkeit für Unternehmen deutlich auf.
Als Berater widmen wir uns seit vielen Jahren dem Thema Diversity Management, in der Begleitung von Unternehmen, in Trainings und Publikationen. Die wachsende Bedeutung und unsere Erfahrung waren Grund genug, diese Broschürenreihe herauszugeben.
Die Broschüren bestehen aus dieser vorliegenden allgemeinen Broschüre zu Diversity Management und sechs weiteren zu den sogenannten „Kerndimensionen“, also den unverrückbaren Unterscheidungsmerkmalen von Menschen, die auch durch geltendes Gleichbehandlungsrecht geschützt sind. Sie sollen einen kompakten Überblick über wesentliche Bereiche des Diversity Managements geben und Anregung für die erfolgreiche Umsetzung im eigenen Unternehmen liefern. Dazu gibt es zahlreiche Praxistipps und Beispiele von Unternehmen verschiedener Branchen sowie Anregungen für mögliche Maßnahmen.
An dieser Stelle bedanken wir uns sehr herzlich bei der Industriellenvereinigung (IV), für die eine Auseinandersetzung mit Diversity wesentlicher Bestandteil der Verantwortung für die Gesellschaft und für eine innovative internationale Positionierung Österreichs ist und welche die Entwicklung dieser Broschürenreihe unterstützt hat.
Wir freuen uns, wenn sie darin die eine oder andere Anregung für das Diversity Management Ihres Unternehmens finden oder Ihnen die Broschüren Anreiz sind, gleich heute in Ihrem Unternehmen ein erfolgreiches Diversity Management zu etablieren. Sie können sich sicher sein: Es zahlt sich aus!
Unternehmen stehen heute vor einer Vielzahl an Herausforderungen und Chancen. Digitalisierung, Globalisierung, Migration, demografische Veränderungen und/oder Fachkräftemangel sind nur einige der häufig genannten Trends und Entwicklungen unserer Zeit.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ist es notwendig, bewusst mit Ressourcen – vor allem auch personellen – umzugehen, alle Marktpotenziale zu erkennen und zu nützen, innovativ zu bleiben und dafür ausreichend qualifiziertes Personal bereit zu haben. Kurz: vorhandene Potenziale und Vielfalt zu erkennen und optimal zu nutzen.
Diversity Management, oft auch als „Diversity & Inclusion“ bezeichnet, versteht sich als strategischer Managementansatz, um die interne und externe personelle Vielfalt zum Vorteil aller Beteiligten zu nutzen und damit zur Steigerung des Unternehmenserfolgs beizutragen.i
Ein professioneller Umgang mit Vielfalt bedeutet für Unternehmen auch eine intensive und vor allem idealerweise strukturierte und an relevanten Themen orientierte Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Perspektiven der Beschäftigten und externen Stakeholder. Keinesfalls sind hohe Vielfalt und ein entsprechendes Diversity Management das Mittel zur Lösung aller betrieblichen Probleme. Noch weniger sollte die Beschäftigung damit einem reinen Selbstzweck dienen, sondern sie bildet die Basis für erfolgreiches, nachhaltiges, unternehmerisches Handeln in der Zukunft.
Externe Stakeholder, dazu gehören Kundinnen und Kunden genauso wie Lieferantinnen und Lieferanten, Partnerinnen und Partner, NGOs oder Eigentümervertreterinnen und -vertreter, hinterfragen den Umgang mit Vielfalt, die Verteilung der Geschlechter in den Entscheidungsgremien oder den Umgang mit Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen zunehmend genauer. Das in Österreich seit einigen Jahren geltende Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (kurz NaDiVeG) ist Ausdruck dafür.
Unternehmen haben die Wichtigkeit eines gezielten, ganzheitlichen Diversity Managements bereits erkannt und setzen dieses als Konzept in der Organisation um. Zahlreiche nationale und internationale Studien belegen das und zeigen auf, dass Unternehmen Diversity für relevant halten und sich bereits proaktiv mit Diversity Management und CSR auseinandersetzen.
Mit dieser allgemeinen Einführung und den weiteren Broschüren zu den sechs Kerndimensionen soll das hochkomplexe Themenfeld vereinfacht erläutert werden, und Leserinnen und Leser dazu ermutigt werden, sich mit Vielfalt und Diversity Management eingehender zu beschäftigen.
Der Begriff Diversität (englisch „Diversity“, vom lateinischen „diversitas“) bedeutet Vielfalt und Vielfältigkeit und umfasst persönliche, soziale und strukturelle Unterschiede sowie Gemeinsamkeiten von Menschen und Gruppen. Da es eine Vielzahl an Unterschiedsdimensionen gibt, wird Diversity im Arbeitskontext auch als das „Mosaik von Menschen“ definiert, die eine Vielfalt von Berufs- und Lebenserfahrungen, Sichtweisen, Werte und Weltanschauungen als Kapital in ihr Arbeitsleben einbringen.
Um die Komplexität, die menschliche Vielfalt hat, zu reduzieren und eine Form der Systematisierung und Darstellung zu ermöglichen, die alle wesentlichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten veranschaulicht, wird häufig das Diversity-Rad (Four Layers of Diversity) verwendet:
Abbildung 1 Modell der „4 Layers of Diversity“ nach Gardenswartz/Rowe, L. Gardenswartz und A. Rowe: Diverse Teams at Work; Society for Human Resource Management, 2002
Das Modell der „Four Layers of Diversity“ (4 Ebenen der Diversität) der US-Amerikanerinnen Lee Gardenswartz und Anita Rowe ist das führende Modell zur Systematisierung von Diversität und zur Erfassung individueller Verschiedenheit. Die beiden Beraterinnen und Buchautorinnen stellen damit eine weit verbreitete Darstellung zur Thematisierung von Unterscheidungskategorien und Zugehörigkeiten in Unternehmen und Organisationen zur Verfügung. Das vierstufige Modell, auch bekannt unter der Bezeichnung „Diversity-Landkarte“ oder „Diversity-Rad“, hilft dabei Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Menschen in einer Organisation zu erfassen und greifbar zu machen.
Die Grafik (siehe Abbildung 1) zeigt mögliche soziale Kategorien, sogenannte „Dimensionen“, die in einem Unternehmen und dessen Umwelten (gegenüber Kundinnen/Kunden, Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern, Lieferantinnen/Lieferanten, Partnerinnen/Partnern, Stakeholdern etc.) Unterschiede und Gemeinsamkeiten bedingen und damit wirksam werden, indem diese in unterschiedlichen Kontexten zum Vor- oder Nachteil werden können.
Im Zentrum des Modells steht die individuelle Persönlichkeit eines jeden Menschen, um welche die sechs Kerndimensionen angeordnet sind. Diese werden auch als „Innere Dimensionen“ bezeichnet.
Bei den Kerndimensionen handelt es sich um jene Aspekte, die Menschen von Geburt an begleiten bzw. ihnen durch Sozialisation mitgegeben wurden und damit nur bedingt, wenn überhaupt, veränderlich sind. Diese sind:
Diese Merkmale sind durch nationale und internationale Gleichbehandlungsbestimmungen geschützt – nach ihnen darf also keine Diskriminierung oder Ungleichbehandlung erfolgen.
In Österreich regelt seit 1979 das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – BGBl. I Nr. 40/2017ix) die Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Arbeitsleben in der Privatwirtschaft. Aufgrund der EU-Gesetzgebung wurde das Gesetz im Jahr 2004 um die Diskriminierungsgründe ethnische Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, Alter und sexuelle Orientierung erweitert. Durch das neu geschaffene Gesetz wurden Bestimmungen geschaffen, die Diskriminierung in der Arbeitswelt ahnden. Die Gesetze verbieten jegliche Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.
Das Diskriminierungsverbot umfasst direkte und indirekte Diskriminierung sowie Belästigung/Mobbing. Es gilt für den privaten (Gleichbehandlungsgesetz) und öffentlichen Sektor (Bundesgleichbehandlungsgesetz), für alle Arten der Beschäftigung, ob unselbständig oder selbständig, unbefristet oder befristet. Das Verbot betrifft sämtliche Arbeitsbedingungen, einschließlich Stellenausschreibungen und die Einstellung, Fort- und Weiterbildung, Beförderung, Kündigung, das Entgelt etc.
Die Gesetze sehen ferner eine Beweislasterleichterung für das Opfer vor, ebenso Schadenersatzansprüche, Rechtsschutz sowie ein Benachteiligungsverbot. Dieses bedeutet, dass Opfer, die sich etwa mittels Klage wehren, sowie Zeuginnen und Zeugen, die in Verfahren aussagen, vor Repressalien wie z.B. vor einer Entlassung durch den beklagten Arbeitgeber, geschützt sind.
Darüber hinaus sind in den „äußeren Dimensionen“ Kategorien zusammengefasst, die im Laufe des Lebens erworben werden und weitgehend veränderlich sind.
Die „organisationalen Dimensionen“ geben einen Überblick über Faktoren, die im Rahmen der Arbeit innerhalb von Unternehmen und Organisationen häufig Unterschiede und ggf. auch ungleiche Behandlung bedingen.
Es handelt sich dabei um ein Modell, das keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Es bietet aber eine gute Arbeitsgrundlage und Struktur für die Bearbeitung unterschiedlicher Themen.
In diesem Zusammenhang darf jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass alle Menschen in der einen oder anderen Form alle und noch viel mehr der im Modell beschriebenen Merkmale aufweisen und sich zudem soziale Kategorien auch verstärken oder abschwächen können. Beispielsweise sind Männer dunkler Hautfarbe unter Umständen stärker von Benachteiligung betroffen als weiße Männer, aber vielfach immer noch weniger als Frauen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von „Intersektionalität“, also der Verschränkung verschiedener Ungleichheit generierender Kategorien bzw. Dimensionen.
Intersektionalität (vom englischen „Intersection”) bedeutet im Amerikanischen „Straßenkreuzung”. Vereinfacht ist damit gemeint, dass Diskriminierungen häufig unterschiedliche Gründe und Quellen haben und sich diese gegenseitig überlagern. In der Lebenswirklichkeit vieler Menschen “kreuzen” sich soziale Kategorien, wie z.B. Geschlecht, Herkunft oder Status. Dies zu verstehen, ist insofern wichtig, damit es in der Beschäftigung nicht zu zusätzlichem „Silodenken“ kommt und Zusammenhänge womöglich übersehen werden.
Der Begriff wurde schon sehr früh von der US-amerikanischen Juristin und Professorin Kimberlé Crenshaw im Rahmen der vielbeachteten Publikation „Demarginalizing the Intersection of Race and Sex“ (1989) geprägt. Crenshaw lieferte damit eine tiefgreifende Kritik an der US-amerikanischen Antidiskriminierungsrechtsprechung und hat die Grundsteine für wissenschaftliche Arbeiten in diesem Bereich gelegt.
In Österreich wird die intersektionale Perspektive vor allem in den Gender Studies verwendet. Sie veranschaulicht, dass sich Formen der Unterdrückung und Benachteiligung nicht einfach aneinanderreihen lassen, sondern in ihren Verschränkungen und Wechselwirkungen Bedeutung bekommen. Die Dimensionen wirken nicht allein, sondern vor allem im Zusammenspiel mit den anderen. Die intersektionale Perspektive erlaubt, vielfältige Ungleichheits- und Unterdrückungsverhältnisse miteinzubeziehen, die über eine einzelne Dimension allein nicht erklärt werden können.
Diversity Management bzw. Vielfaltsmanagement wird im unternehmerischen Kontext dazu verwendet, um die soziale Vielfalt aller internen wie externen Stakeholder konstruktiv zu nutzen. Diversity Management toleriert dabei nicht nur die individuelle Verschiedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern hebt diese im Sinne einer positiven Wertschätzung besonders hervor und versucht sie für den Unternehmenserfolg nutzbar zu machen.
Laut ÖNORM S2501 zu Diversity Management handelt es sich bei Diversity Management um einen „strategischen Managementansatz zur gezielten Wahrnehmung, Wertschätzung, Förderung und Nutzung der Vielfalt und Fähigkeiten von Personen und Anspruchsgruppen eines Unternehmens, um strukturelle, kulturelle und soziale Rahmenbedingungen zu schaffen, damit alle Personen und Anspruchsgruppen ihre Leistungsfähigkeit und -bereitschaft entwickeln und entfalten können, zum Vorteil aller Beteiligten“.x
Das Ziel von Diversity Management ist es, allen Beschäftigten und Stakeholdern Rahmenbedingungen zu verschaffen, in denen diese ihre volle Leistung entfalten können und auch wollen.
Als Stakeholder im Diversity Management gelten alle Beteiligten. Allgemein kann zwischen internen und externen Stakeholdern unterschieden werden. Interne Stakeholder sind beispielsweise die Führungskräfte verschiedener Ebenen und die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter. Externe Stakeholder umfassen die Öffentlichkeit ebenso wie Bewerberinnen/Bewerber, Kundinnen/Kunden sowie Partnerinnen/Partner und Lieferantinnen/Lieferanten.
Welche Stakeholder konkret in das Diversity Management einbezogen werden, ist abhängig von den Zielen und der strategischen Ausrichtung, und damit in jedem Unternehmen unterschiedlich. Werden zum Beispiel verstärkt interne Stakeholder angesprochen, kann mitunter ein interner Kulturwandel angestrebt werden, um durch die Wertschätzung von Vielfalt zu mehr Effektivität, Innovation und Kundenorientierung zu kommen. Liegt der Fokus eher auf der Einbindung externen Stakeholder, wird vermutlich die Arbeitgeberattraktivität, der Vertrieb oder Corporate Social Resonsibility (CSR) im Vordergrund stehen.
„Für Unternehmen ist der Umgang mit Diversität zu einem wichtigen Zukunftsthema und sogar zum Business Case geworden. Für uns als Interessenvertretung der Industrie sind wirtschaftlicher Erfolg und hohe Innovationskraft untrennbar mit gesellschaftlicher Verantwortung verbunden. Wir sehen Vorteile durch Pluralität auf unternehmerischer, aber auch auf gesellschaftspolitischer Ebene.“
Christoph Neumayer,
Generalsekretär Industriellenvereinigung
In Forschung und Praxis sind für die Implementierung von Diversity Management in Organisationen verschiedene Ansätzexii mit unterschiedlichen Diversitätsverständnissen und Herangehensweisen entstanden. In Unternehmen findet man aktuell häufig je nach Thema unterschiedliche Ansätze, die teils auch nebeneinander bestehen.
Abbildung 2 Organisationale Verständnisansätze von Diversität nach Surur Abdul-Hussain und Roswitha Hofmann, 2013 (eigene Darstellung)
Betrachtet man die Entwicklungsstufen, lässt sich erkennen, dass modernes Diversity Management einen ressourcenorientierten Ansatz verfolgt und damit die gesamte Vielfalt als Ressource für die unternehmerische Weiterentwicklung betrachtet. In früheren Ansätzen wird im Gegensatz dazu ein defizitorientierter Ansatz verfolgt, der Vielfalt als Problem und weniger als Ressource oder aber ausschließlich opportunistisch betrachtet.
Ausgangspunkt des heutigen Diversity Managements war der sogenannte „Fairness- und Antidiskriminierungsansatz“. Damit sollten Diskriminierung im Unternehmen und im Vorfeld, beispielsweise im Recruiting, verhindert, Gleichbehandlung und Fairness gefördert und rechtliche Risiken vermindert werden.
Ziele im Rahmen des „Marktzutritts- und Legitimitätsansatzes“ sind die Umsatz- bzw. Gewinnsteigerung sowie die Sicherung von Marktanteilen. Mit einer hohen internen Diversität sollen neue Zielgruppen besser angesprochen und diese mit spezifischen Marketingaktivitäten umworben werden. Beispiel dafür ist u.a. das „Ethnomarketing“, um Menschen mit Migrationshintergrund zu erreichen.
Der „Lern- und Effektivitätsansatz“ verfolgt darüberhinausgehend das Ziel, eine lernende Organisation zu schaffen, und er eröffnet Raum für Innovation. Dadurch wird das Unternehmen wirksamer und widerstandsfähiger. Mit Verbreitung von CSR (Corporate Social Responsibility) rückte zunehmend die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen in den Fokus. Betriebe verfolgen Diversity Management aus ihrer sozialen Verantwortung als Teil der Gesellschaft. Dies wird unter dem „Verantwortungs- und Sensibilitätsansatz“ verstanden.
Um sicherzustellen, dass die Ziele hinter dem eigenen Diversity Management verstanden werden, ist es wichtig, sich der gewählten Ansätze bewusst zu sein und die damit verbundenen Absichten entsprechend zu kommunizieren. Dies beugt unter anderem Widerständen bei Führungskräften und der Belegschaft vor, da diese dadurch den Zweck erkennen, der damit verfolgt wird.
„Als Exportnation ist es für Österreich wichtig, interkulturell zu denken. Kunden erwarten heute die schnelle und konsequente Erfüllung der individuellen Wünsche. Je diverser, anpassungsfähiger und neugieriger ein Unternehmen ist, desto besser kann es diese Anforderungen erfüllen.“
Axel Kühner, CEO Greiner AG
Vielfalt und Diversity Management gewinnen in österreichischen Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Im Jahr 2015 gaben in einer Befragung der ATX-Unternehmen 60 Prozent der Betriebe an, sich aktiv mit Diversity Management und CSR auseinanderzusetzen.xiii Im Jahr 2018 hat eine Befragung von 105 Betrieben quer durch alle Branchen ergeben, dass 70 Prozent der Betriebe Diversity Management für „sehr relevant“ oder „eher relevant“ haltenxiv und die Dimensionen Herkunft, Alter und Geschlecht für „besonders relevant“ erachten.
Abbildung 3 Quelle: PageGroup Diversity Management Study, 2018
Die Diversity Management-Studie 2018 der weltweit agierenden Beratungsgruppe Michael Page bestätigt diesen Trend und zeigt, dass das Thema Vielfalt bereits bei rund 84 Prozent der befragten Manager angekommen ist. Die Studie beruht auf Antworten von 77 Führungskräften aus zwölf Branchen, überwiegend aus der Industrie- und Dienstleistungsbranche. Fast zwei Drittel der Befragten sehen Diversität als wesentlichen Bestandteil der Unternehmenskultur, rund 23 Prozent verweisen auf Initiativen und Programme, elf Prozent wollen in naher Zukunft Schwerpunkte setzen und lediglich fünf Prozent haben aktuell keine Pläne diesbezüglich.xv
Besonders im Fokus stehen die Themen Arbeitgeberattraktivität und Zugang zu Fach- und Führungskräften. 52 Prozent der befragten Manager geben an, dass der Hauptgrund für Diversity-Aktivitäten darin liegt, für attraktive Kandidatinnen und Kandidaten interessanter zu werden. Unisono sagen alle Befragten (100 Prozent), dass gerade für weltweit tätige Unternehmen Diversity und Diversity Management bedeutend sind.xvi
Abbildung 4 Quelle: PageGroup Diversity Management Study, 2018
Die Notwendigkeit, mit vielfältigen Bedürfnissen und Herausforderungen professionell umzugehen, zeigt sich an zahlreichen Problemstellungen, mit denen sich österreichische Unternehmen heutzutage konfrontiert sehen. Unterschiedliche Ansprüche verschiedener Generationen, die Sicherung von Wissen im Unternehmen, ungleiche Chancen und Besetzungen von Männern und Frauen in Führungspositionen, zu wenig geeignete Fachkräfte oder aber der Wunsch, Lebensphasen aktiv zu unterstützen, sind alles zusammen Anlassfälle für gezieltes Diversity Management.
„Diversität zahlt sich aus und ist eine Bereicherung für uns als modernes, innovatives Unternehmen, das wachsen und gewinnen möchte. Nur wenn wir unterschiedlichste Perspektiven, Skills, Denkweisen und Herangehensweisen schlau zusammenbringen, können wir unser ultimatives Versprechen für die digitale Zukunft Österreichs umsetzen.“
Alexandra Eichberger, Vice President Change & HR Experience Magenta Telekom
Die Auseinandersetzung mit Vielfalt und die Frage der Etablierung von Diversity-Maßnahmen bringen für Unternehmen zahlreiche Vorteile. Dass die Zusammenarbeit in Teams nachhaltig verbessert wird, sich die Unternehmenskultur zum Positiven verändert und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter allgemein zufriedener sind, liegt auf der Hand. Diverse Studien, wie zum Beispiel die Studie „Vielfalt siegt!“ von McKinsey & Company, bestätigen die positiven Effekte für Unternehmenxvii und belegen, dass die Beschäftigung mit Diversität auch zu einer Verbesserung des Images und der Arbeitgeberattraktivität führt. Und das wiederum bedeutet ein Mehr an potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern, aber auch an Kundinnen und Kunden.
Diversity Management wirkt aber nicht nur nach innen, sondern hat großen Einfluss auf die Außenwirkung. Externe Stakeholder, wie etwa Kundinnen und Kunden, potenzielle Beschäftigte oder Partnerinnen und Partner sowie Lieferantinnen und Lieferanten beäugen den Umgang mit Vielfalt zunehmend kritisch. Dazu kommen laufend strengere Veröffentlichungspflichten, wie etwa zuletzt im Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeGxviii) für börsennotierte, große Gesellschaften. Unternehmen, die sich mit Vielfalt beschäftigen, Maßnahmen umsetzen und diese auch entsprechend kommunizieren, werden positiver bewertet.
„Bei SIMACEK ist Diversitätsmanagement ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmenskultur. Unser Unternehmen hat sich bereits vor Inkrafttreten des Gleichbehandlungsgesetzes verpflichtet, jede berufliche Benachteiligung aufgrund des Geschlechts zu beseitigen. Von der Gleichbehandlung profitieren sowohl Frauen als auch Männer, Transgender, Ältere, Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, Menschen mit Behinderung, hetero und nicht-hetero orientierte Kolleginnen und Kollegen sowie das Unternehmen selbst.“
Ursula Simacek, Geschäftsführerin SIMACEK Facility Management Group
Ziel des Diversity Managements ist es, Rahmenbedingungen in Unternehmen aktiv zu verbessern. Dies funktioniert nur bedingt mit kurzfristigen Maßnahmen und muss daher als laufender Prozess der Verbesserung gesehen und auch so betrieben werden.
Diversity Management ist kein isoliertes Projekt, sondern ein laufender Prozess. Es wirkt in allen Unternehmensbereichen und betrifft alle Personen in einem Unternehmen. Es ist vielmehr eine Querschnittsmaterie und die Basis für eine ganzheitlich-systemische Verankerung in der Ablauforganisation und für alle Stakeholder.
Diversity Management versteht Vielfalt als Ressource und tritt Ungleichbehandlungen und Diskriminierung entschieden entgegen. Dies sollte unmissverständlich klargelegt werden und die im Unternehmen handelnden Personen auch danach handeln.
Diversity Management setzt sich mit den vielfältigen Talenten und Bedürfnissen der im Betrieb tätigen Personen auseinander. Diese müssen entsprechend am Prozess beteiligt sein. So lassen sich gezielte, nutzenstiftende Maßnahmen und Aktivitäten finden und festlegen.
Vorherrschende Vielfalt, die nicht gemanagt wird, ist noch kein Diversity Management. Und Diversity Management sollte keinem Selbstzweck dienen. Daher ist es wichtig, den konkreten Nutzen, den „Business Case“ im Rahmen des Diversity Managements herauszuarbeiten und konsequent zu verfolgen.
Unternehmen, die Diversity Management betreiben, geben damit auch das Leistungsversprechen ab, Vielfalt wertzuschätzen und aktiv an attraktiven Rahmenbedingungen zu arbeiten. Das bedeutet nicht, alles zuzulassen, aber schafft Verantwortung für einen professionellen Umgang mit Anliegen der Stakeholder.
„Das Thema Diversity, seit vielen Jahren wichtiger Bestandteil in der Zusammenarbeit in der Kapsch Group, verlangt nicht nach Einzelmaßnahmen, wie der berühmte Tropfen auf den heißen Stein, sondern nach konsequentem Dranbleiben. Zahlreiche Programme, die mittlerweile fixer Bestandteil im Angebot der Kapsch University sind, werden regelmäßig inhaltlich überprüft und zählen zu den Korridorthemen. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen so die Möglichkeit, ihre Einstellungen zu reflektieren und in Folge daran zu arbeiten. Diversity Trainings, Interkulturelle Trainings, Business Knigge – diese und viele andere Maßnahmen sind es, die den Respekt gegenüber Vielfalt stärken. Konsequentes Dranbleiben, immer wieder erinnern, das sind die Erfolgsfaktoren von nachhaltigem Arbeiten an Einstellungen.“
Doris Kruschitz-Bestepe, Executive Expert Human Resources Kapsch Group
Diversity Management bedarf der gezielten Auseinandersetzung mit der vorhandenen und nicht-vorhandenen Vielfalt und den Bedürfnissen und Anliegen der Beschäftigten, von Führungskräften und anderen Stakeholdern.
Abbildung 5 Grafische Gestaltung: Andrea Martens-Horvath
Die Beschäftigung mit Diversity Management resultiert meist aus konkreten, bereits spürbaren Herausforderungen. Dies können Marktgegebenheiten oder personelle Engpässe genauso sein wie der allgemeine Wunsch, ein nachhaltigeres Personalmanagement zu etablieren.
Unabhängig von der individuellen Motivation, Diversity Management zu etablieren, ist es notwendig, strategische Ziele, eine Vision und Rahmenkriterien festzulegen.
Machen Sie sich die übergeordneten Ziele bewusst und formulieren Sie diese entsprechend aus. Sie sind Eckpfeiler für das weitere Vorgehen und zeigen Ihnen zudem auf, welche Themen besonders relevant für das Unternehmen sind und welche guten Gewissens nicht in voller Breite bearbeitet werden müssen.
Zumal es sich um das Schaffen von attraktiven Rahmenbedingungen handelt, sind Diversity Management und Unternehmenskultur untrennbar miteinander verbunden und als solches abhängig von den in der Organisation tätigen Menschen, allen voran den Führungskräften.
Machen Sie das Vorhaben und den erwarteten Nutzen für Führungskräfte verständlich und holen Sie diese frühzeitig an Bord. Je klarer die Ausrichtung für alle Beteiligten ist, desto höher sind die Chancen auf Erfolg.
Stellen Sie die Verantwortlichkeiten für die Erarbeitung von Maßnahmen und das Fortkommen des Prozesses klar. Dies kann durch einzelne Personen erfolgen, bewährt haben sich aber auch spezifische „Diversity-Projektteams“ aus unterschiedlichen Ebenen und Funktionen des Unternehmens. Diese müssen auch über die notwendigen Ressourcen und – noch viel wichtiger – über eine Möglichkeit zur aktiven Umsetzung verfügen, also auch von der Unternehmensleitung gehört und unterstützt werden.
Erheben Sie relevante Kennzahlen und erarbeiten Sie die Herausforderungen in den einzelnen Dimensionen und ausgewählten Themengebieten. Hierzu sind Befragungen, Analysen der Unternehmenskultur, die Verteilung der Beschäftigten nach unterschiedlichen sozialen Kategorien, Entwicklungen und Trends, die analysiert werden, oder die Durchsicht bestehender Aktivitäten wichtige Bausteine. Auch eine Wesentlichkeitsanalyse, also die Betrachtung, welche Themen und Bedürfnisse besondere Wichtigkeit für das Unternehmen haben, ist hilfreich.
Die Analyse des Status quo in den Dimensionen der Diversität und Handlungsfeldern liefert Ihnen viele Anhaltspunkte für die Definition konkreter strategischer Ziele. Diese können je nach Dimension / Handlungsfeld (z.B.: Alter, Geschlecht, Religion etc.) durchaus sehr unterschiedlich sein. Je konkreter Sie die Ziele definieren, desto wahrscheinlicher ist deren Erreichung.
Basierend auf Ihren übergeordneten strategischen Zielen sowie den herausgearbeiteten relevanten Herausforderungen in den Dimensionen und Themengebieten aus Schritt 4, entwickeln Sie konkrete, umsetzbare Maßnahmen und Aktivitäten sowie entsprechende Kennzahlen, um deren Erfolg klar messbar zu machen.
Es kann zudem nötig und sinnvoll sein, Priorisierungen vorzunehmen, vor allem, wenn die Zahl an Maßnahmen hoch ist. Das bedeutet nicht, wesentliche Themen außer Acht zu lassen, aber vor allem dort zu beginnen, wo der höchste Nutzen erzielt werden kann.
Eine beispielhafte Auflistung möglicher Maßnahmen und Aktivitäten, die häufig in Unternehmen durchgeführt werden, finden Sie im nachfolgenden Kapitel.
Eine gute und vor allem laufende Kommunikation ist wesentlich, um die Beschäftigten nicht nur zu informieren, sondern auch dafür zu sorgen, dass die entwickelten Programme und Maßnahmen von diesen angenommen werden. Zudem haben Führungskräfte in der Umsetzung sowie im professionellen Umgang mit den Anliegen der Beschäftigten eine wichtige Rolle und müssen entsprechend sensibilisiert und geschult sein. Kommunizieren Sie die bevorstehenden Aktivitäten frühzeitig und binden Sie relevante Schlüsselpositionen in Ihre Kommunikationsmaßnahmen ein, um eine breite Akzeptanz zu erreichen.
Im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung evaluieren Sie laufend, welche Effekte und Erfolge Ihre Maßnahmen und Aktivitäten gebracht haben und was gegebenenfalls angepasst werden muss. Manchmal können Maßnahmen zudem auch andere Effekte erzeugen als beabsichtigt, auf die dann entsprechend reagiert werden muss. Auch ergeben sich immer wieder neue Herausforderungen, die nicht von Beginn an sichtbar waren. Auf diese sollten Sie professionell und zeitnah reagieren können. Regelmäßige Treffen der Projektgruppe oder eine wiederkehrende Befragung sind hier ratsam.
Bereits seit 2008 gibt es in Österreich eine ÖNORM, die sich dem Thema Diversity Management widmet. Diese ÖNORM S2501 „Diversity Management – Allgemeiner Leitfaden über Grundsätze, Systeme und Hilfsinstrumente“ wird 2019/2020 überarbeitet und bietet eine gute Anleitung zur erfolgreichen Umsetzung im Betrieb.
Zudem können Sie Ihr Diversity Management auch gemäß der ÖNORM zertifizieren lassen.
Die folgende Auflistung gibt einen Überblick über mögliche Maßnahmen in den Handlungsfeldern Kommunikation & Information, Organisations- & Führungskultur und Personalmanagement, wie sie in Unternehmen verfolgt werden. Weitere Beispiele konkreter Maßnahmen in den unterschiedlichen Dimensionen der Diversität finden Sie in den jeweiligen Broschüren.
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Herausgeber: brainworker – Vielfalt kommunizieren, Ziegelofengasse 31, 1050 Wien